Kommentar:

Arbeitszeit verkürzen!

Und wieder soll ein Betrieb seine Tore schließen. Die Liste der Massenentlassungen wird immer länger, und langsam breitet sich Panik in der Stadt aus. Die Angst geht um, kaum noch einer wagt mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken. Lokalpolitiker können derweil nur noch dürftig mit Scheinaktivität ihre Ratlosigkeit kaschieren. Die neue Oberbürgermeisterin versucht gar nicht erst, Kompetenz zu demonstrieren, sondern reist zum obligatorischen Fototermin an (Kein KN-Tag ohne Volquartz-Foto scheint die Devise zu heißen), um der Belegschaft ihr „Mitgefühl“ auszusprechen. Amen!

Nur gut, das zumindest auf der Bundesebene sich die bleierne Atmosphäre langsam auflöst. Die Demonstration der Hunderttausend am 1. November war ein ermutigender Anfang. Überall im Lande bilden sich lokale Bündnisse gegen Sozialabbau oder auch Sozialforen und bereiten weitere Aktionen vor. Schon in den nächsten Wochen sind regionale Demonstrationen gegen die Bundesparteitage der SPD und der CDU geplant und in Hessen läuft sich gerade eine breit getragene Kampagne gegen den besonders rabiaten Kahlschläger Roland Koch (CDU) warm. Das Europäische Sozialforum in Paris wird schließlich kurz nach Erscheinen dieser Ausgabe aller Voraussicht einen europäischen Aktionstag gegen Sozialabbau beschließen  und damit den dringend notwendigen Schritt zur Internationalisierung machen, den die neoliberalen Sozialräuber längst getan haben. Im Rahmen dieser anwachsenden Mobilisierung und der sich mit ihr verändernden gesellschaftlichen Stimmung wird es hoffentlich bald auch in Kiel möglich sein, breiteren Widerstand gegen die anhaltenden Entlassungen zu organisieren.

Bleibt die Frage, was Linke und Gewerkschaften den Entlassungen und Betriebsstilllegungen eigentlich entgegenzusetzen haben, außer vielleicht den Anspruch, jeden einzelnen Arbeitsplatz verteidigen zu wollen. (Was, wenn man die Rüstungsproduktion bei zum Beispiel Rheinmetall nimmt, gar nicht immer sinnvoll ist.) Das Naheliegendste wäre sicherlich, eine Kampagne zur Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, die natürlich nur im größeren Rahmen Erfolg haben kann. Vielleicht schafft die beginnende Europäisierung der sozialen Bewegungen dafür ja einen geeigneten Rahmen. Und dann wäre mal wieder laut und deutlich die Frage nach einem anderen Wirtschaftssystem, eines, das an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet ist, Sozialismus halt, zu stellen. Unrealistisch? Es gibt Unrealistischeres. Zum Beispiel mit der IHK über „Standortperspektiven“ zu diskutieren.

(wop)