Kommentar:

Kieler Umverteilung

Richtig stolz war Stadtrat Albig. In den Haushaltsberatungen der Ratsversammlung konnte er verkünden, dass er 195 Planstellen zum Streichen gefunden hat. Und zwar, aber darüber verlor weder er noch seine Chefin Vollquartz oder die Koalitionäre von CDU und Grünen ein Wort, ganz überwiegend im Bereich der Arbeiter und kleinsten Angestellten: Gärtner, Schreibkräfte und Raumpflegerinnen sollen den Hut nehmen. Das bisschen Arbeitslosengeld, dass sie auf ihr mageres Einkommen bekommen werden, dürfte nicht viel mehr sein, als das was Ratsherren und -frauen als Aufwandsentschädigung (neben ihrem sonstigen Einkommen) haben. Verrechnet mit den 74 neuen Planstellen, die geschaffen werden sollen – die meisten davon in den Kindertagesstätten, wo zum Teil minderqualifiziertes Personal eingestellt wird – soll unterm Strich knapp fünf Millionen Euro mit diesen Streichungen gespart werden. Irgendwo muss ja das Geld für den neuen Dienstwagen der Oberbürgermeisterin herkommen. Auch einen neuen Pressesprecher hat sich die OB zugelegt, einen, der sich zuvor beim örtlichen Zeitungsmonopolisten durch das Abschreiben von Polizeipresseerklärungen einen Namen gemacht hatte. So ein hochqualifizierter Mann, will natürlich angemessen bezahlt sein: 75.000 Euro wird im Jahr bekommen, meint die Landeszeitung.

Unterdessen haben die Raumpflegerinnen ja vielleicht das „Glück“ bei einem der privaten Unternehmen einen Job zu finden, die die Schul- und Museumsreinigung übernehmen sollen. Das Ergebnis wird man sich an drei Fingern abzählen können. Erstens sind die eingesparten fünf Millionen ein Taschenspielertrick, denn für die Reinigung wird weiter gezahlt werden müssen. Sicher etwas weniger, so dass es durchaus eine Entlastung des städtischen Haushaltes geben mag (wenn die Frauen nicht in die Sozialhilfe abrutschen). Zweitens wird der Lohn der Putzfrauen noch mieser ausfallen, da jetzt auch noch ein Kleinkapitalist die Hand aufhält. Drittens werden sich die schon jetzt in manchen Schulen untragbaren hygienischen Verhältnisse weiter verschlechtern, weil die Arbeitshetze für die Raumpflegerinnen verschärft wird.

Aber das sind offenbar Überlegungen, wie sie einem in der gediegenen Atmosphäre des Ratssaales nicht kommen. Da schwadroniert man lieber Parteiübergreifend über den Standortwettbewerb und Stadtmarketing, Sciencecenter und neue Autobahnen. Die Menschen, die in dieser Stadt leben, kommen in den Ratsdebatten wenig und in den -beschlüssen gar nicht vor. Höchste Zeit, dass die sich den politischen Verantwortlichen in dieser Stadt mal wieder lautstark in Erinnerung bringen.

(wop)