Mumbai und Davos:

Kampf gegen Krieg und Besatzung im Zentrum

Im indischen Mumbai ist am 21. Januar das diesjährige Weltsozialforum zu Ende gegangen. Rund 100.000 Teilnehmer waren gekommen, in der Mehrzahl aus Indien. Teilnehmer berichten davon, dass das Forum mehr als in den Jahren zuvor von den sozialen Bewegungen geprägt gewesen sei. Auch die Präsenz und Aktivität der Frauen sei deutlich größer als bisher gewesen. Die Daliths, das heißt die indischen Unberührbaren, hatten mit zahlreichen Aktionen das Forum genutzt, das ganz im Zeichen der Opposition gegen die Kriege der NATO und der USA, sowie die Besetzung des Iraks stand. Das zum Abschluss tagende Forum der sozialen Bewegungen bekräftigte den internationalen Aktionstag gegen Krieg und Besatzung am 20. März, dem Jahrestag des Angriffs auf den Irak. Wir hoffen in einer der nächsten Ausgaben die Abschlusserklärung aus Mumbai dokumentieren zu können.

Derweil hatten sich im Schweizer Davos mal wieder die alte Welt, das heißt die Manager der weltweit größten Konzerne, zum Weltwirtschaftsforum getroffen. Gekommen war alles was Rang und Namen hatte: Microsoft-Chef Bill Gates, Peter Brabeck-Letmathe von Nestlé, Josef Ackermann von der Deutschen Bank, Nobuyuki Idei von Sony, Philip H. Knight von Nike, Jürgen Hamprecht von BASF, David J. O'Reilly von ChevronTexaco, Fundmanager George Soros und über Tausend andere Top-Bosse. Unter den Konzernchefs, die die privaten Veranstalter des Forums auf ihrer Homepage besonders hervorheben, befinden sich fast ebenso viele deutsche wie US-amerikanische Namen. Die vollständige Teilnehmerliste blieb indes Verschlußsache: Im Vorfeld des Froums hatte letzte Woche die internationale Umweltschutzorganisation Friends of the Earth (Freunde der Erde, in Deutschland durch den BUND vertreteten) detailierte Informationen über Teilnehmer und Tagesordnung vom Forums-Sekretariat verlangt. Dort hieß es allerdings, die gewünschten Informationen seien vertraulich.

Den „Wirtschaftslenkern“ gegenüber saßen unter anderem UN-Generalsektretär Kofi Annan, Pakistans Ministerpräsident Pervez Muscharaf, Großbritanniens Außenminister Jack Straw, US-Vizepräsident Dick Cheney. Deutschland war durch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement vertreten. In der – inzwischen recht dünn besetzten – Kategorie NGO-Feigenblättchen traten unter anderem der Chef des US-Gewerkschaftsverbandes AFL/CIO John J. Sweeney und amnesty-international-Generalsekretärin Irene Khan auf.

Die Welthandelsorganisation WTO  stand ganz oben auf der Tagesordnung. Verschiedene Foren beschäftigten sich mit den WTO-Verhandlungen, die derzeit in einer Sackgasse stecken. Auf der letzten WTO-Ministertagung war im September 2003 im mexikanischen Cancún die Verabschiedung eines Verhandlungsfahrplans gescheitert. Gründe waren unter anderem das Beharren der Europäischen Union auf ihren Lieblingsthemen wie Investorenschutz und die vehemente Opposition dagegen durch eine Gruppe von Schwellenländern, die von Brasilien, Indien und China angeführt wurden. In Davos fanden die eigentlichen Gespräche allerdings nicht in den öffentlichen Foren hinter verschlossenen Türen statt. Unter anderem gab es ein Treffen des sogenannten Transatlantischen Business Dialogs (TABD), der unter Anwesenheit von Vertretern der EU und der USA über die WTO-Verhandlungen sprach. Im TABD sind die größten US-amerikanischen und europäischen Konzerne vertreten, den Vorsitz teilen sich derzeit Unilever und Coca-Cola.

Der Schweizer Bundespräsident Joseph Deiss hatte außerdem rund 20 Staaten, darunter auch Deutschland und die USA, zu einem „informellen“ WTO-Treffen eingeladen. Danach zeigte er sich pessimistisch, was den Fortschritt der WTO-Verhandlungen angeht. Die Organisatoren des Gegenforums „Public Eye on Davos“ kritisierten das Treffen, an dem ca. 20 Minister teilnahmen, scharf. Das Weltwirtschaftsforum sei der falsche Ort, um ernsthafte Handelsgespräche zu führen, da nur wenige der 148 WTO-Mitglieder vertreten seien, monierte Marianne Hochuli von der „Erklärung von Bern“, der größten entwicklungspolitischen Organisation der Schweiz. Es sei ein Skandal, dass Handelsminister mit Wirtschaftslobbyisten und Konzernbossen zusammenkämen, während sie die Forderungen von Kleinbauern und indigenen Völkern nicht einmal zur Kenntnis nähmen, meinte Tony Juniper von Friends of the Earth.

 (wop)