auf & davon

Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Buß will sich für eine bundesweite Bleiberechtsregelung für einen Teil der hier lebenden Afghanen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus einsetzen. Buß, der seit dem 1. Januar Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, schlug seinen Kollegen in Bund und Ländern vor, “in bestimmten Fällen aus humanitären Gründen und zur Vermeidung außergewöhnlicher Härten ... von der Durchsetzung der Rückkehrpflicht” abzusehen. Zu den “bestimmten Fällen” sollen alle zählen, die das 65. Lebensjahr erreicht haben und von Kindern und Enkeln versorgt werden, oder die seit mindestens sechs Jahren in der Bundesrepublik leben und “seit mehr als zwei Jahren in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis stehen”. Sollte sich Buß in den nächsten Wochen durchsetzen, so wäre das ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Beschlusslage der Innenministerkonferenz vom November letzten Jahres. Seinerzeit einigten sich die Innenpolitiker der Landesregierungen mit ihrem Bundeskollegen darauf, ab April auf Ausreise zu drängen und eventuell auch Abschiebungen vorzunehmen. Würden die schleswig-holsteinischen Vorschläge übernommen, so könnte zumindest ein Teil der Betroffenen eine sogenannte Aufenthaltsbefugnis beantragen, die zunächst auf zwei Jahre befristet wäre. Allerdings kommen die Innenminister erst im Juli wieder zu einer regulären Tagung zusammen. Die Zeit der Ungewissheit wird also auch für die “bestimmten Fälle” noch andauern. Unterdessen kritisierte der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein die Initiative des Kieler Innenministers als nicht weitgehend genug. “Angesichts der am Hindukusch herrschenden Gewalt und humanitären Probleme müssen alle Afghanen als Härtefälle gelten,” meinte Flüchtlingsrat-Geschäftsführer Martin Link. Insbesondere forderte er eine deutliche Herabsetzung der Altersgrenze. Auch merkte Link an, dass die Voraussetzung, die Familien dürften nicht von Sozialhilfe abhängig sein, um in den Genuss der angestrebten Regelung zu kommen, kinderreiche Familien diskriminiere. Kurz nachdem die Innenminister im November ihren Abschiebebeschluss gefasst hatten, war in Afghanistan eine Mitarbeiterin des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) ermordet worden. Dieser stellte daraufhin die Rückführung von Flüchtlingen aus Pakistan zunächst ein. Australische Unterstützergruppen berichteten unterdessen, dass mehrere Afghanen, die Anfang Dezember wegen der unhaltbaren Zustände in einem von Australien unterhaltenen Internierungslager auf der Pazifikinsel Nauru “freiwillig” zurückkehrten, bereits nach wenigen Wochen tot waren.

Die Hamburger Sozialbehörde will wegen sinkender Flüchtlingszahlen 16 Unterkünfte schließen. Am 22. Januar haben die Bewohner einer Unterkunft, die überwiegend aus Afghanistan kommen, schriftlich die Räumungsankündigung erhalten - ohne Angabe einer neuen Adresse. Vor dem Hintergrund der angekündigten Massenabschiebungen von afghanischen Flüchtlingen durch Innensenator Dirk Nockemann wird klar, dass dies für die Flüchtlinge eine massive Bedrohung darstellt. In ihrer Angst vor Abschiebung soll eine fünfköpfige Familie bereits abgetaucht sein. Abdrängung in die Illegalität - Ziel der Hamburger Flüchtlingspolitik?

(wop/gho)