Kernspalte

Die Landesregierungen von Sachsen und NRW planen offenbar, den Transporttermin für die alten Brennelemente des stillgelegten ostdeutschen Reaktors Rossenheim bei Dresden vorzuverlegen. Der Atommüll soll wahrscheinlich Ende Februar / Anfang März per LKW ins westfälische Zwischenlager Ahaus verbracht werden. Aus diesem Anlass rufen die Atomatominitiativen im Münsterland und Dresden auch zu einem verfrühten Autobahnaktionstag am 28. Februar entlang der gesamten Transportstrecke auf. Sie sind der Meinung, dass der Atommüll in Rossendorf genausogut aufgehoben ist wie in Ahaus.

Bei der Verarbeitung des in Atommüll stets anfallenden Plutoniums gibt es inzwischen eine weltumspannende Zusammenarbeit der G8-Staaten. In eine Plutoniumfabrik zur Herstellung von MOX-Brennelementen im westsibirischen Sewersk bei Tomsk werden die USA als Hauptinvestor 200 Mio. $ investieren. Eine Parallelanlage in den USA ist bereits zu 2/3 fertig. Grundlage der Fabrik wird die an russische Verhältnisse angepasste französische MELOX-Anlage sein. Seit Anfang diesen Jahres ist zu diesem Zweck ein Wissenschaftler-Austausch zwischen den USA und der russischen Föderation begonnen worden, dessen Zweck angeblich die Transparenz bei der Einhaltung von Normen, internationalen Standards und Projektplänen ist. Nach Aussagen eines Sprechers des russischen Chemiekombinats TWEL dient die Anlage der "Vernichtung" waffenfähigen Plutoniums und verschlechtere nicht die Umweltbedingungen im Gebiet Tomsk. Um die Messlatte nicht zu hoch zu hängen, hat TWEL in den vergangenen Jahrzehnten bereits entsprechende umwelttechnische Vorarbeiten geleistet. Nach der Umwandlung in Kernbrennstoff für Schnelle Brüter wie in Belojarsk und WWER-1000 wie in Balakowo soll der Vorrat zunächst im Komplex Majak gelagert werden, wo die Umweltbedingungen auch nicht mehr verschlechtert werden können. Ausreichend gut ausgebildete Fachkräfte stünden in Sewersk zur Verfügung.

Solche sind auch beim Abbau der Plutoniumfabrik in Hanau am Werk, deren chinesische Zukunft immer noch ungewiss ist (was keineswegs bedeutet, dass sie am seidenen Faden hängt ...). Einer der Fachmänner piekste sich einen mit Plutonium kontaminierten Metallspan durch seinen Arbeitshandschuh und verseuchte sich ein wenig. Die Wunde wurde ausgewaschen, der Mann nach Hause geschickt.

Weniger Berührungsängste mit den Chinesen haben die Franzosen, die Ende Januar in Paris "enge Zusammenarbeit" auf dem Gebiet der "zivilen Nutzung der Kernenergie" vereinbarten. Aber bessere Fachleute haben sie auch nicht. Beim Austausch der Kühlwasserfilter im elsässischen AKW Fessenheim haben sich sieben Arbeiter durch "Handhabungsfehler" verstrahlt. Nun beschäftigt der Vorfall sogar die deutsch-französische Kommission für kerntechnische Anlagen. Der Reaktor wurde aus Sicherheitsgründen heruntergefahren, soll aber am 21. Februar wieder ans Netz.

Diese Vorkommnisse deuten in eine Richtung, die der Verband der Elektrizitätswirtschaft anläßlich der zu vergebenden CO²-Zertifikate schon mal anvisiert hat: "Rein umweltpolitische Gesichtspunkte dürfen nicht den Industriestandort in Gefahr bringen", äußerte Hauptgeschäftsführer Meller, denn niemand ist ja mehr vom Aussterben bedroht als der Industriestandort.

Wie man den Industriestandort Kernkraftwerk am besten gefährdet, zeigt detailliert eine Studie des BUND. Terroristen sollten am besten einen Airbus nehmen und einen der Meiler Obrigheim, Stade, Biblis A oder B, Brunsbüttel, Isar 1, Philippsburg 1, Neckar 1 oder Unterweser anpeilen, hier würde es am ehesten zum Super-GAU kommen. So war es aber bestimmt nicht gemeint.

(BG)