Kommentar:

Dornröschenschlaf

Aus dem Kapitel Not leidende Unternehmen: Die Deutsche Bank AG hat 2003 einen Nettogewinn von bloß 1,4 Milliarden Euro gemacht. Bei manchem internationalen Konkurrenten war es deutlich mehr, weshalb derzeit in hiesigen Wirtschaftszeitungen viel gemunkelt wird, das Herzstück der deutschen Kapitals könne demnächst von einem potenten Ausländer geschluckt werden. Doch da ist „Joe“ vor: „Uns sind drei Dinge wichtig: Das Wohl unsere Aktionäre, unserer Mitarbeiter und Deutschlands“. Wer „Joe“ ist? Jener sympatische Kerl, der erst bei Mannesmann kräftig in die Kasse glangt hat und dann vor dem Richter den dicken Max makiert: Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank AG. Und um Deutschland so richtig verteidigen zu können, möchte der Schweizer den Vorsteuergewinn der Bank schon in diesem, spätestens im nächsten Jahr von 2,6 auf 5,2 Milliarden Euro hochschrauben. Wer das wohl erwirtschaften wird?

An diese Zahlen sollten sich Schleswig-Holsteins Studenten demnächst erinnern. Da die SPD zwar die Forschung ausweiten und Elite-Unis einrichten, aber keine zusätzliche Mark für den schwindsüchtigen Bildungssektor locker machen will, denkt ihre Landtagsfraktion darüber nach, wie sie die Studis zu Ader lassen kann. Dabei ist man auf eine nicht mehr ganz taufrische aber daher nicht minder asoziale Idee verfallen: Gegen lange Studienzeiten will man mal wieder die Gebührenkeule aus dem Schrank holen. Das hiesige Zeitungsmonopol schreibt gleich „Bummelstudenten“,  damit sich die naheliegenden Fragen nach den Ursachen gar nicht erst der Leserin oder dem Leser aufdrängen (als da wären scharenweise didaktisch unfähige Professoren, mangelnde soziale Absicherung, überfüllte Lehrveranstaltungen ...).

Bleibt zu hoffen, dass der Vorstoß der Landtags-SPD die Kieler Studis endlich mal wachküsst. In zahlreichen Städten der Republik streiken die Studierenden nämlich zum Teil schon seit über zwei Monaten gegen den Kahlschlag im Bildungswesen. Dabei haben sich inzwischen auch recht viel versprechende Allianzen mit anderen sozialen Bewegungen ergeben. In Berlin zum Beispiel gibt es ein breites Bündnis mit den Studis gegen den Landeshaushalt. Auch gemeinsame Aktionen mit warnstreikenden Metallern hat es bereits gegeben.

(wop)