Postbeamte:

Lohnraubpläne

Am 18. Februar demonstrierten 3500 Postler durch Kiel. Wir sprachen über die Hintergründe mit Wolfgang Abel, der beim ver.di-Bezirk Nord Fachbereichsleiter für Postdienste, Speditionen und Logistik ist. (Das Interview erschien zuerst in der Tageszeitung junge Welt.)  (wop)

LinX: Es gibt erhebliche Unruhe bei den Postlern. Was ist die Ursache?

Wolfgang Abel (W.A.): Die Post AG will trotz Milliarden-Gewinnen den tariflich nicht geschützten Beschäftigten, das heißt den Beamten, ab diesem Jahr das Urlaubs- und Weihnachtsgeld kappen. Es geht um rund acht Prozent der jährlichen Bezüge. Das löst bei den Betroffenen erhebliche Empörung aus, denn immerhin sind sie es, die gemeinsam mit den Angestellten und Arbeitern die Gewinne erwirtschaften. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme werden die Postbeamten nicht aus Steuergeldern, sondern den Umsätzen der Post bezahlt. Deswegen fordern wir, dass die Beamten den tariflich geschützten Beschäftigten gleichgestellt bleiben. Doch dafür fehlt es der Post offensichtlich am politischen Willen. Das Geld dafür wäre vorhanden, denn das Unternehmen ist äußerst profitabel.

LinX: Die Post ist ja inzwischen ein privatrechtlich geführtes Unternehmen. Beim wem sind die Beamten formal beschäftigt?

(W.A.): Bei der Post AG. Sie hat vom Staat eine Dienstherrenfunktion verliehen bekommen, das heißt sie darf offiziell Beamte beschäftigen.

LinX: Wäre es nicht an der Zeit, die Beamtenverhältnisse in normale Angestelltenverhältnisse zu überführen, damit alle Beschäftigten die gleichen Bedingungen haben?

(W.A.): Das wäre die eine Möglichkeit, die andere wäre, dass man den Beamten die gleichen Verhandlungsrechte im Bezug auf ihre Arbeits- und Lebensverhältnisse zubilligt, wie sie Angestellte und Arbeiter haben. Dass das nicht geschieht, liegt an Arbeitgebern und Staat.

LinX: Sie fordern also konkret, dass der Beamtenstatus aufgehoben wird?

(W.A.): Nein. Konkret fordern wir, dass die Post den Beamten weiter Urlaubs- und Weihnachtsgeld zahlt. Aber der Vorstand plant, den Beamten Bezüge in der Größenordnung eines 13. Monatsgehaltes zu streichen und will nicht einmal darüber verhandeln. Diese Arroganz der Macht treibt die Leute auf die Straße.

LinX:Was hat es in letzter Zeit an Protesten gegeben und was ist noch geplant?

(W.A.): Bei uns im Bezirk Nord haben in den letzten Wochen Betriebsversammlungen in Stade (am 10. Februar), Lüneburg, Lübeck und zuletzt am 18. Februar in Kiel stattgefunden, jeweils mit dem Ergebnis, dass in den entsprechenden Bereichen für den Tag der Postverkehr zum Erliegen kam. In Kiel hat es eine Demonstration mit 3500 Teilnehmern gegeben. Am 23. wird es Ähnliches in Hamburg geben, und danach wird sich dann die Karawane des betrieblichen Widerstandes nach Niedersachsen, Bremen und schließlich weiter nach Süden wenden.

LinX: Nutzen Sie die Betriebsversammlungen auch, um für die europäischen Aktionstage gegen Sozialabbau am 2. und 3. April zu mobilisieren?

(W.A.): Selbstverständlich. Auf allen Betriebs- und Gewerkschaftsversammlungen weisen wir auf den Aktionstag und seine Notwendigkeit hin.