Europäische Aktionstage gegen Sozialkahlschlag:

Bürokratische Bremser

Wie mehrfach berichtet, gibt es am 2. und 3. April europäische Aktionstage gegen Sozialabbau. Auf Initiative deutscher Delegierter aus dem Umfeld von ATTAC war die Idee im November auf dem Europäischen Sozialforum in Paris eingebracht und von dort an den Europäischen Gewerkschaftsbund herangetragen worden. Der beschloss schließlich die beiden Tage; zwei deshalb, weil die deutschen Gewerkschaftsvorstände im Gegensatz zu anderen lieber am Wochenende demonstrieren wollen. Dennoch wird es aber am 2., das heißt am Freitag, in einer ganzen Reihe von deutschen Städten dezentrale betriebliche und andere lokale Aktionen geben. In vielen Städten sind zudem bereits für den 16. März mobilisierende Aktionen geplant, in Kiel schon für den 6. März (siehe vorstehenden Bericht).
Am Samstag, den 3. April gibt es dann in Köln, Stuttgart und Berlin Großdemonstrationen. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg wird für Berlin mobilisiert. In die Vorbereitung mischen sich auch zahlreiche Initiativen, Netzwerke (z.B. der Arbeitslosen) und lokale Bündnisse ein, aus deren Kreis die mit 100.000 Teilnehmern unerwartet große Demonstration am 1. November organisiert worden war. Auch ATTAC beteiligt sich nach Kräften. Mitte Januar hatte mit 500 Teilnehmern in Frankfurt in diesem Winter bereits die zweite bundesweite Aktionskonferenz dieses Spektrums stattgefunden (siehe LinX 02/04). Am 6. März wird es in Berlin auf Einladung des lokalen Bündnisses gegen Sozialkahlschlag ein weiteres Treffen zur Vorbereitung geben (13 Uhr im DGB Haus Berlin, Keithstr.1-3, U-Bhf Wittenbergplatz), was offensichtlich auch bitter notwendig ist.

Während man nämlich bei den Bundesvorständen von IG Metall und ver.di relativ offen gegenüber den sozialen Bewegungen ist, versuchen Teile der DGB-Führung die Demonstrationen in alt-bekannter bürokratischer Manier an sich zu reißen und klein zu kochen. So wurde in Berlin der Beginn auf 10 bzw. 10.30 Uhr festgesetzt, was für Anreisende zum Beispiel aus Kiel denkbar schlecht ist. Auch für die Mobilisierung in Berlin selbst ist das eher ungünstig früh. Zudem sind die Demorouten durch menschenleere Bezirke gelegt und alles auf lediglich 50.000 Teilnehmer ausgerichtet. So viel haben die Berliner Bewegungen in den letzten Monaten schon alleine auf die Beine gebracht. Vorgesehen sind bisher drei Auftakt- und eine Abschlusskundgebung. Letztere soll bereits um 12 Uhr beginnen; es sprechen DGB-Chef Sommer, im Kulturprogramm Heinz-Rudolf Kunze. Motto des DGBs: „Aufstehen, damit es endlich besser wird!“ Es scheint,als wolle die DGB-Führung, heißt es im Berliner Bündnis gegen Sozialkahlschlag und Bildungsabbau, die sozialen Bewegungen und selbst ATTAC möglichst nicht reden lassen. Die Berliner werden allerdings eine der Auftaktkundgebungen, und zwar die auf dem Alexanderplatz, selbst gestalten können. Auch bezüglich der übrigen Planung dürfte noch nicht das letzte Wort gefallen sein. Nützlich ist es sicherlich, wenn die Gewerkschaftsvorstände aus den Orten aufgefordert werden, den sozialen Bewegungen einen gebührenden Platz einzuräumen und die Mobilisierung nicht so niedrig zu hängen.

(wop)