Kernspalte

300 Mio. Euro ist der deutsche Anteil am Bau eines atomaren Zwischenlagers für ausgebaute russische U-Boot-Reaktoren nahe Murmansk, das in diesem Sommer nach ostdeutschen Plänen von einem russischen Konsortium errichtet werden soll. Das teilte Vize-Atom-Minister Antipov bei einem Rundgang durch das im Abbau befindliche ehemalige AKW Lubmin bei Greifswald mit. Die in Lubmin entwickelten Verfahren seien weitgehend auf russische Anlagen übertragbar. Erstaunlich, dass es überhaupt noch Wirtschaftszweige gibt - wenn auch destruktive -, bei denen (ost-)deutsche Lösungen im Ausland als vorbildlich angesehen werden. Ein technisches Debakel à la TollCollect wäre der Region Murmansk jedenfalls nicht zu wünschen.

Anti-Atom-Initiativen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen haben sich für den geplanten Atommülltransport von Rossendorf nach Ahaus ein bisschen warmgelaufen. Am 22.2. demonstrierten 100 Menschen vor dem Forschungszentrum Rossendorf nahe Dresden mit der Forderung, den Müll dort zu lassen, wo er ist. Die Ahauser Initiative hält die dortige Halle für sicherer als das Zwischenlager in Ahaus. Das Problem ist nur, dass Rossendorf atomrechtlich nicht den Status eines Zwischenlagers hat, sondern nur "Bereitstellungslagerung bis zum Transport" betreibt. Auch hat Sachsen bereits Miete für die Lagerung in Ahaus bezahlt, allerdings eine verschwindend geringe Summe, verglichen mit den Sicherungskosten für den Transport. Am 28.2. gab es Aktionen auf der Autobahn bei Dresden, in Niedersachsen, NRW, Thüringen. Eine Entscheidung über die Transportgenehmigung wird erst Ende März erwartet.

Auf eine grandiose Idee sind bürgerliche Umweltschützer, Prominente, einige PDS-PolitikerInnen und der IPPNW verfallen: Kriegsrelevante Produktionsmittel den Kapitalisten abkaufen! Das wollen sie gerne mit der Hanauer Plutoniumfabrik machen, nur damit die nicht den Chinesen in die Hände fällt. Ziel ist natürlich, das Gebot von 50 Mio. um einen Euro zu überbieten, aber bisher sind "nur" 250.000 Euro zusammengekommen, eine immerhin bedeutsame Summe, mit der man auch etwas Sinnvolleres kaufen könnte als eine "heiße Zelle", die noch kostenpflichtig entsorgt werden müsste. Ob Hermann Scheer, Erich Loest, Ute Watermann, Peter Sodann, Konstantin Wecker ("... auch Utopien muss man angehen") und Christian Ströbele bereits selbst Atommülltransporte planen, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Auch Außenminister Fischer wurde zu einem Beitrag aufgefordert, gepaart mit dem Vorwurf, die Initiative "Hanau selber kaufen" erledige eigentlich seine Arbeit.

Sein Kollege Trittin hat seine Arbeit hingegen gemacht. Nach Expertisen der Gesellschaft für Reaktorsicherheit und Vorschlägen der Betreiber zur Vorsorge gegen Terroranschläge auf Atomkraftwerke aus der Luft kam er zu dem wenig überraschenden Schluss, dass "blitzartige Vernebelung" den Schutz der Anlagen nicht wesentlich verbessern könne. Laut E.ON-Kernkraft hat Trittin jedoch das Gutachten falsch verstanden. Im Kern geht es darum, ob die fünf anfälligsten AKWs stillgelegt oder ersatzweise unsichtbar gemacht werden sollen. Zu ihnen gehört auch der Meiler Brunsbüttel. Darauf wies Karsten Hinrichsen am 7. März im Rahmen einer kleinen Kundgebung vor dem AKW Brokdorf hin, die an die großen Demonstrationen in der Wilstermarsch vor 23 Jahren erinnern sollte und sich aktuell gegen die Erbauung eines Zwischenlagers an beiden Standorten richtete. Die Ordnungskräfte sahen vom Einsatz von Reizgasen, Hubschraubern und Schlagstöcken ab und beschränkten sich auf Verkehrsregelung und freundliches Winken.

(BG)