Europäische Aktionstage am 2. und 3. April:

Auf nach Berlin

Die Vorbereitungen für den europäischen Aktionstage gegen Sozialabbau am 2. und 3. April laufen auf vollen Touren. Am 2. sind in einigen Ländern Streiks geplant. Auch in Deutschland wird es in einigen Städten zu betrieblichen Aktionen und lokalen Kundgebungen kommen. Für Samstag den 3. April organisiert der DGB Demonstrationen in Berlin, Köln und Stuttgart.

In Kiel wird, wie in ganz Ost- und Nordwestdeutschland nach Berlin mobilisiert. Dort werden das Berliner “Bündnis gegen Sozial- und Bildungsraub” gemeinsam mit anderen eine der drei Auftaktkundgebungen gestalten, und zwar die auf dem Alexanderplatz. Von dort wird auch der antikapitalistische Block starten, an dem sich einige Kieler beteiligen wollen. Der DGB und die Einzelgewerkschaften (ver.di und IG-Metall u.a.) stellen für die Fahrt kostenlos Busse zur Verfügung. Bei   Redaktionsschluss ist allein im Bezirk Kiel/Plön von ca. elf Bussen die Rede, vermutlich werden es aber noch mehr. Nichtmitglieder können sich unter Tel. 0431/5195-1020 (DGB) oder 0431/32 80 37 (Kieler Bündnis gegen Sozialabbau und Lohnraub) anmelden. Die Verpflegung bitte mitbringen. Infos und Berliner Straßenpläne für die jeweiligen Kundgebungsorte gibt es in den Bussen. Es gibt ein Kieler Leittransparent „Unsere Agenda heißt Widerstand – Kiel gegen Sozialabbau und Lohnraub“. Es gibt zwei Demo-Treffpunkte: Gendammarkt oder Alexanderplatz. Alle kommen zusammen am Brandenburger Tor zur Abschlusskundgebung.

Wir hatten mehrfach über die Schwierigkeiten vor allem der konservativen Kräfte im DGB berichtet, sich auf die neuen sozialen Bewegungen einzulassen. Auch der Arbeitslosenverband (ALV), eine eher konventionell-zentralistisch aufgebaute aber ostdeutsche Organisation, hatte seine Schwierigkeiten mit dem DGB. Inzwischen liegen die Listen der Rednerinnen und Redner der Abschlusskundgebungen vor. Das Ergebnis ist gemischt (aber es gibt ja noch die Auftaktkundgebungen, von denen ein Teil von den sozialen Bewegungen bestritten werden kann). Positiv: In allen drei Städten werden Sprecherinnen und Sprecher anderer europäischer Gewerkschaften sprechen. Auch ATTAC kommt überall zu Wort. Negativ: In Köln spricht Norbert Blüm, in Berlin, wohin aus ganz Ostdeutschland mobilisiert wird, spricht kein einziger Ostdeutscher, nicht einmal der ALV. In allen drei Städten ein bisschen viel Kirche. Interessantes Detail am Rande: Während es dort, wo die Leute die weiteste Anreise haben, nämlich in Berlin, schon um 10 Uhr losgehen soll, heißt es in Stuttgart und Köln Ankunft 10 bis 11 Uhr.

Wir sprachen mit Astrid Kraus über die Demovorbereitung. Sie ist Mitglied des Koordinierungskreises von ATTAC Deutschland und lebt in Köln. Das Interview erschien zu erst in der Tageszeitung junge Welt. (wop, Kieler Infos von uws)

LinX: Die Vorbereitung für die Demonstrationen am europäischen Aktionstag gegen Sozialabbau am 3. April nehmen Formen an. Ist ATTAC mit dem Erreichten zu frieden?

Astrid Kraus (A.K.): Ja. Die Listen der Rednerinnen und Redner, die jetzt feststehen, spiegeln die ganze Breite des Bündnisses wider. Bei allen drei Demonstrationen, in Berlin, Köln und Stuttgart, werden Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen, der Gewerkschaften, der sozialen Bewegungen, der Studierenden und auch von ATTAC sprechen. Ich kann mich nicht erinnern, dass es ein derartig breites Bündnis schon mal gegeben hat.

LinX: In Köln soll auch der EX-CDU-Arbeitsminister Norbert Blümsprechen, der seinerzeit für eine ganze Reihe von Sozialabbaumaßnahmen verantwortlich gewesen ist. Haben Sie damit keine Probleme?

A.K.: Es handelt sich heute um wesentlich mehr als ein paar kleine Einschnitte geht. Der Sozialstaat soll komplett zerschlagen werden, und eine derartige Situation erfordert es, Bündnisse einzugehen, die in der Vergangenheit nicht möglich waren.

LinX: Auf der Berliner Abschlusskundgebung kommt Ostdeutschland praktisch nicht vor. Nicht einmal der nicht gerade Arbeitslosenverband darf reden. Finden Sie das in Ordnung?

A.K.: Es wäre sicherlich begrüßenswert gewesen, wenn der Osten vertreten wäre. Ich hoffe, daß das beim nächsten Mal besser läuft.

LinX: In Köln lief die Zusammenarbeit zwischen dem DGB, der der Organisator der Demonstrationen ist, und den sozialen Bewegungen zunächst besonders schlecht. Ist das behoben?

A.K.: Die Probleme, die wir miteinander hatten, sind im Großen und Ganzen gelöst. Man muss das als Prozess sehen. Es hat auf beiden Seiten anfängliche Berührungsängste gegeben, aber im Laufe von kritischen und solidarischen Auseinandersetzungen hat man sich einigen können.

LinX: In Köln sollte es zunächst nur eine Kundgebung geben. Ist es dabeigeblieben, oder wird auch am Rhein demonstriert?

A.K.: Auch in Köln wird es eine Demonstration geben. Auftakt ist bei der Messe in Deutz. Von dort geht es quer durch die Innenstadt, das heißt auch durch die Fußgängerzone. Abschluß ist am Rudolfplatz.

LinX: In Berlin werden die sozialen Bewegungen auf dem Alexanderplatz eine eigene Auftaktkundgebung abhalten. Wie sieht das in Köln aus?

A.K.: In Köln wird die Auftaktkundgebung im wesentlichen von ATTAC gestaltet,aber die Rednerinnen und Redner stehen noch nicht fest.

LinX: Wie läuft die Mobilisierung?

A.K.: Da kommt jetzt richtig Schwung rein. Die Anzahl der Busse nach Stuttgart, Berlin oder Köln hat sich innerhalb kürzester Zeit verdoppelt. Die Sonderzüge nach Stuttgart sind alle ausgebucht. Auch in den Medien wird über die Vorbereitungen viel berichtet. Wir gehen davon aus, dass es mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer als am 1. November bei der ersten großen Demonstration gegen Sozialkahlschlag werden. Damals hatten 100.000 in Berlin demonstriert.

Abfahrtsorte:
Kiel: 6 Uhr Wilhelmplatz
Eckernförde:5.15 Uhr Bahnhof/ZOB
Wittensee: 5.30 Uhr Gaststätte Schützenhof
Gettorf: 5.40 Uhr ZOB
Rendsburg: 5.30 Uhr Kreishaus
Hohenwestedt: 6.00 Uhr Bahnhof
Nortorf: 6.30 Uhr Bahnhof
Neumünster: 6.30 Jugendspielplatz
Heikendorf: 5.30 Uhr Rathaus
Schönberg: 5.00 Uhr Dorfplatz
Plön: 5.30 Uhr Stadtgrabenstraße
Preetz: 5.45 Uhr Garnkorb
Probsteierhagen: 5.30 Uhr Friedhof
Schönkirchen: 5.40 Uhr Post

Berlin:
Auftaktkundgebungen auf dem Alexanderplatz, dem Gendarmenmarkt und dem Wittenbergplatz, Abschluss am Brandenburger Tor
Redner:
Michael Sommer, Vorsitzender des DGB, Bernard Thibault, Vorsitzender der CGT Frankreich, Martin-Michael Passauer, Generalsuperintendent der Ev. Kirche Berlin, Marius Pöthe, AStA TU Berlin, Ilona Plattner, Attac-Koordinierungskreis, Prof. Rainer Roth, TU Darmstadt, Dorothee Fetzer, Koordinierungsstelle Gewerkschaftlicher Arbeitsloseninitiativen Ottmar Schreiner, MdB SPD, AfA
Köln:
Jürgen Peters, Vorsitzender der IG-Metall, Wanja Lundby-Wedin, Präsidentin des schwedischen Gewerkschaftsdachverbandes LO, Alfred Buß, Präses der Ev. Kirche Westfalen, Birgit Zenker, Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeiter-Bewegung, Helmut Angelbeck, Koordinierungsstelle Gewerkschaftlicher Arbeitsloseninitiativen, Klemens Himpele, AStA Uni Köln, Martina Wasserlos-Strunk, Attac-Rat, Norbert Blüm, Arbeitsminister a.D.
Stuttgart:
Frank Bsirske, ver.di-Vorsitender , Giorgio Caprioli, Generalssekretär FIM/CISL Italien, Bärbel Danner, Landessynode der EKD, Paul Schabel, Kath. Betriebsseelsorge, Brunhilde Raiser, Deutscher Frauenrat, Tom Kehrbaum, AStA Uni Darmstadt, Astrid Kraus, Attac-Koordinierungskreis