Kommentar

Show-Kampf

Am 21. März waren es zehn Jahre her, dass die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen in Kraft trat. „Das Endziel dieses Übereinkommens,“ hatte man seinerzeit verabredet, „... ist es, ... die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene (von Menschen verursachte) Störung des Klimasystems verhindert wird.“ Doch mit der Verbindlichkeit ist es so eine Sache. Die Industristaaten – alleinige Verantwortliche für den bisherigen Anstieg der Treibhausgaskonzentration in den letzten 150 Jahren um rund 50 Prozent –  hatten sich verpflichtet, ihre Emissionen auf dem Niveau von 1990 zu stabilisieren. Das wäre zwar nur ein erster, kleiner Schritt, doch nicht einmal dafür hat es bisher ausgereicht: Viele Industriestaaten stoßen im Jahre 2004 wesentlich mehr Kohlendioxid und andere klimaschädlichen Gase in die Luft als 1990.
Auch der selbst ernannte Umweltmusterknabe Deutschland hat seine Reduktionen im wesentlichen nur deshalb schaffen können, weil die DDR 1990 eine der weltweit höchsten Prokopfemissionen aufwies, die durch den industriellen Kahlschlag im Zuge der Annexion drastisch zurückgingen. Trotz einigen kleine Fortschritten bei der Einführung erneuerbarer Energiequellen, die treibhausneutral sind, werden hierzulande noch immer – je nach dem, wie man rechnet – zehn bis zwölf Tonnen Kohlendioxid pro Kopf und Jahr in die Luft geblasen. Wenn man aber allen Menschen auf der Welt das gleiche Recht auf Energieverbrauch zugesteht – wogegen sich die Umweltdiplomaten von Berlin bis Washington heftig sträuben – dann dürften es höchstens zwei Tonnen pro Kopf und Jahr sein, um das Ziel der Konvention zu erreichen.
Diese Zahlen relativieren auch die Bedeutung des aktuellen Show-Kampfes zwischen Umwelt- und Wirtschaftsminister. Das angeblich so ehrgeizige und wahrscheinlich nicht mehr erreichbare Ziel der Bundesregierung, bis 2005 die Treibhausgasemissionen gegenüber dem 1990er Niveau um 25 Prozent reduzieren zu wollen, bleibt nämlich weit hinter dem Erforderlichen zurück.

Um so wichtiger wäre es, dass sich die neuen sozialen Bewegungen des Themas Klimapolitik annehmen. Umweltschutz und soziale Frage gehören zusammen, denn was nützt eine sichere Rente und eine bezahlbare Kindertagesstätte, wenn der Klimawandel die Ernährung der Menschheit bedroht?

(wop)