Kommentar:

Wie weiter?

Klar ist, dass die einmalig großen Demos gegen Sozialkahlschlag vom vergangenen Wochenende ihren Erfolg nur dann voll entfalten können, wenn sie nicht das letzte Wort gewesen, also mehr als ein bloßes Dampfablassen gewesen sind. Die Ausgangslage für weitere Proteste und Aktionen ist dabei denkbar gut: Die Lähmung ist endgültig geschwunden. Millionen Frustrierte und Empörte haben gesehen, dass sie nicht alleine sind, dass man etwas machen kann. Umfragen zeigen sowieso schon seit langem, dass der Neoliberalismus in der Bevölkerung keine Mehrheit hat, dass ca. 70 % die so genannten Reformen als unsozial ablehnen. In etwa ebenso viele sind gegen die Privatisierung von Wasser, Gesundheitsversorgung und ähnlichem, wie zuletzt eindrucksvoll das Referendum in Hamburg gezeigt hat. Andererseits finden aber zentrale Dogmen des Neoliberalismus wie etwa jenes, dass Konkurrenz positiv und sehr nützlich sei, sehr viel mehr Zustimmung. Und vor allem ist die kulturelle Vorherrschaft des Neoliberalismus nahezu ungebrochen.

Es bleibt allzu viel zu tun. Nur was? Gleich wieder auf eine neue Großdemonstration zu orientieren macht sicherlich wenig Sinn. Da müssten schon eine Million oder mehr zusammen kommen, bevor sie als Erfolg gezählt werden könnte, und das wäre relativ unwahrscheinlich. Einige schlagen einen 24-stündigen Generalstreik vor. Eine zwar sympatische, aber (noch) nicht besonders realistische Forderung. Zumal auch danach die gleiche Frage stünde. In Frankreich und besonders Italien kann man sehen, dass auch Streiks die Regierung noch nicht gleich zum Umkehren zwingen. Der Vorschlag hat allerdings den positiven Aspekt, dass er eine Diskussion über den politischen Streik anstößt.

Man wird sich auf jeden Fall auf eine lange Auseinandersetzung einrichten müssen und sollte nicht unrealistische Hoffnungen schüren, dass die „Agenda 2010“ schnell zu kippen sein wird. Wichtig wäre es, eine richtige Bewegung aufzubauen, viele Menschen organisatorisch einzubeziehen, überall Komitees aufzubauen, die auch lokale Probleme aufgreifen, wie die Privatisierungstendenzen im Uni-Klinikum und beim Städtischen Krankenhaus. Ein erstes gemeinsames bundesweites Anliegen könnte die Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst sein, die man unbedingt mit einer offensiven Propagierung radikaler Arbeitszeitverkürzungen (bei vollem Lohnausgleich) verbinden müsste.

(wop)