Kiel spart -

auf wessen Rücken?

Es ist kaum möglich, alle geplanten, bereits beschlossenen oder schon in Umsetzung befindlichen Spar- und Privatisierungsmaßnahmen der Stadt Kiel aufzulisten.
Immer umfassender werden die sozialen und kulturellen Spareingriffe und die Angriffe auf die Daseinsvorsorge. Viele Beschlüsse des Rats und der Verwaltung werden ihre Wirkung erst in den nächsten Jahren zeigen.

Es gibt kaum einen Bereich, den die Oberbürgermeisterin und ihre hörigen Parteien CDU/Grüne und SPD nicht schon beabsichtigt haben aus der öffentlichen Verwaltung auszugliedern. Auch wenn die SPD zur Zeit mit "bürgernaher Kritik" einige ausufernde Maßnahmen kritisiert, sind die meisten dieser Sparziele bereits unter Ganselscher Herrschaft vorbereitet worden.

Alles wird begründet mit dem seit Jahren aufgebauten und geduldeten Schuldenberg (wir veröffentlichten in der LinX Nr. 26/03 die Zahlen des Stadthaushaltes mit über 322 Mio. Euro Schulden), dessen Ursache nicht nur die Verschwendung der öffentlichen Gelder in Prestigeobjekten, sondern auch die Duldung immer geringerer Steuereinnahmen aufgrund massiver Steuergeschenke für Konzerne und Reiche ist. Es sei die Frage erlaubt, welchen Beitrag leisten denn z.B. die in Kiel ansässigen Rüstungskonzerne mit Mrd.-Gewinnen für die Finanzierung des Stadthaushaltes? Stattdessen bereicherten sich die Banken an dem verschuldeten Stadthaushalt 2003 mit 21,3 Mio. allein für die anfallenden Zinsen.

Kultur

Das allerneuste Vorhaben ist die Schaffung eines kommunalen Kulturunternehmens, in dem der gesamte Kulturbereich, die Stadtbücherei und das Medienzentrum integriert sind. Dies solle schnellere Entscheidungen, effektivere Arbeit und vor allem Kosteneinsparungen bringen. Das ist der erste Schritt zur Privatisierung der gesamten Kieler Kultur, wie es die CDU schon länger anstrebt. Kultur ist dann nur noch möglich, wenn sie durch den Konsum auch Gewinn bringt. Die Vielfalt wird zerstört und immer weniger Menschen können es sich leisten. Selbstverständlich ist das Theater davon ausgespart, denn es soll vermieden werden, dass bürgerliche Elite-Kultur nicht mehr gefördert wird. (zurzeit mit ca. 11 Mio. EUR).

Das beabsichtigte Vorhaben ist ein Angriff auf alle geförderten, für die Bevölkerung, Minderbemittelte und Minderheiten wichtige kulturelle Einrichtungen wie Pumpe, Räucherei, Jugendbauernhof Mettenhof u. a. Nach wie vor unter Druck steht auch die Alte Meierei, ein selbstverwaltetes nicht kommerzielles Kulturzentrum, von dem die Stadt die gewerbliche Durchführung des Betriebes oder die Schließung verlangt.

Das am Fr., 14.5. im Rat beschlossene Kulturunternehmen wurde mit der CDU/GRÜNEN-Mehrheit ohne öffentliche Diskussion durchgepeitscht. Lediglich die Volkshochschule wurde wegen Protest des Personalrats der öffentlichen Verwaltung wieder aus dem Unternehmen herausgenommen und es soll als "Prüfantrag an die Verwaltung" weitergegeben werden aber man möge es doch bitte "Kulturbetrieb" und nicht Unternehmen nennen !?

Wir sind gespannt auf die Auswirkungen, denn u.a. ist bei OB Volquartz "SparTeam 26" davon die Rede, die Stadtbilderei aufzulösen, die Bücherei zu verlagern, deren Öffnungszeiten zu kürzen, sich nur noch auf Kinder und Jugendliche zu konzentrieren und höhere Eintrittsgelder für Stadtgalerie und Museen einzuführen.

Sparkonzept Volkshochschule

Für die Volkshochschule wird zurzeit unter Federführung von Heinz Rethage (bekannt aus den teuren aber fehlerhaften und damit nichtigen  Flughafenaus- bau-Kostengutachten) ein Sparkonzept erarbeitet. Dies ist insbesondere ein Schlankheitskonzept für freie Dozenten. Die VHS-Beschäftigten fürchten zu Recht um ihre Arbeitsplätze und beteiligen sich deshalb unter diesem Druck an der Verschlankung bzw. Einschränkung des Bildungsangebotes. Gewerbliche Dienstleister sind auch hier im Gespräch. Eine Verteuerung der Angebote wird die Folge sein. Die Umwandlung in eine kostendeckende Bildungseinrichtung und Privatisierung der VHS ist zu befürchten. Mit Rethages Sparkonzept ist demnächst zu rechnen, denn ab 2005 beabsichtigt die Stadt der VHS die Gelder zu kürzen.

Stadtverwaltung unter Druck

Einen "Maßnahmenkatalog für schlankere Verwaltung" hat ein von OB Volquartz beauftragtes "Team26" mit 700 Ideen zum Geld sparen gesammelt. Neben den im Abschnitt Kultur bereits geschilderten Sparmaßnahmen (Bücherei usw.) könne die Stadt u.a. 70.000 EUR sparen, indem sie die Asylbewerberleistungen auf das gesetzliche Mindestmaß reduziert. Insgesamt geht es wohl um Streichungen bei den Ärmsten, bei denen, die sich am wenigsten dagegen wehren können.
Aber den größten Teil will die Stadt in der Verwaltung sparen (mit 192 Mio. sind die Personalkosten der größte Posten des Haushaltes) durch die Reduzierung des Personals und Arbeitsverdichtung. Angeblich aber durch Überstundenabbau, bessere Organisation von Krankmeldungen und Stellenfluktuation. Erhöhter Leistungsdruck und Mobbing sind unter den Kollegen der Öffentlichen Verwaltung vorprogrammiert, gepaart mit dem Versuch die Tarifverträge zu kündigen, die Arbeitszeiten zu verlängern, Teile der Verwaltung auszugliedern bzw. zu privatisieren und die Löhne zu drücken. Gerade wenn die OB von Zusammenarbeit mit den "Mitarbeitern" redet, muss sich die Belegschaft auf Angriffe gut vorbereiten.

Soweit zur aktuellen Spardebatte. Keine Gewähr für die absolute Korrektheit aller Infos, denn leider liegen die Beschlüsse und Maßnahmen noch nicht schriftlich vor oder sind geheim.

Kritik oder weitere Kenntnisse nehmen wir gerne im Kieler Bündnis gegen Sozialabbau und Lohnraub entgegen.

Hier noch eine Übersicht über bekannte Privatisierungen und Kürzungsmaßnahmen in Kiel:

- Städtisches Krankenhaus (Kürzungen und  Privatisierung + Ausgliederung)

- Stadtwerke Kiel (51% Privatisierung MVV)

- Abwasser und Kanalisation (Privatisierung geplant)

- Müllverbrennungsanlage (49% Privatisierung RWE- Verluste wg. zu wenig Müll)

- Schwimmbäder + Strände (Privatisierung geplant)

- Öffentlicher Nahverkehr (100% privatisiert)

- Volkshochschule (Kürzungen und Privatisierung geplant)

- Kultur, Bücherei und Museen (Kürzungen + Privatisierung geplant)

- Hafen und Hafenbetriebe (weiterer Ausbau und Privatisierung geplant)

- Schulen + Lehrmittel (Stillstand)

Und ein Überblick über bekannte Prestigeprojekte:

- Flughafenausbau

- Science Center

- Hörnbebauung

- Bootshafen

- Hafenerweiterung (Fähranleger, Ostuferhafen und Yachthäfen)

- Theater

Zu den einzelnen Punkten sind weitere Berichte geplant.

(Uwe Stahl)