25 Jahre Soziokultur in Kiel:

Bleibt alles – anders?

Aus Anlass seines 25-jährigen Bestehens hatte das Kultur- und Kommunikationszentrum „Die Pumpe“ zu einer Diskussion über Soziokultur eingeladen. Am 2. Juni traf man sich in kleiner Runde im neugestalteten Kneipenraum, um über eine aktuelle Frage zu diskutieren. Auf dem Podium saßen selbst ernannte KulturpolitikerInnen aller Ratsfraktionen, die Leiterin des Kulturamtes der LH Kiel Cerstin Gerecht, der Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Günther Schiemann, der stellvertretende Vereinsvorsitzende der Pumpe Bernd Maier-Staud, sowie als Moderator Christoph Munk von den Kieler Nachrichten.
Eine interessante Themenstellung war vorgegeben, wird doch in der Pumpe selbst von Beschäftigten teilweise seit Jahren geäußert, es gibt überhaupt keinen Bedarf mehr an soziokulturellen Einrichtungen. Es könne nicht definiert werden, was Soziokultur überhaupt sei und eine „Zielgruppe“ dafür gebe es auch nicht (mehr). Beruhigend deshalb, dass wenigstens der Geschäftsführer der LAG-Soziokultur zunächst auf die Ursprünge dieser Zentren hinwies, entstanden aus der Jugendzentrums- und Häuserkampf-Bewegung, und sich klar dazu bekannte, dass die Zentren gerade in heutiger Zeit wieder an Bedeutung gewinnen. Cerstin Gerecht wollte sich anscheinend nicht festlegen, ob Soziokultur noch eine Bedeutung in der gesamten Kultur spielt. Sie versuchte ihre zunächst für diese Kulturzentren gebrachten Aussagen sofort selbst zu widerlegen. Cathy Kietzer für die SPD und Prof. Dr. Mix von der CDU erörterten eingehend die Frage wie es mit Kindern ist, die erwachsen werden. Kietzer stellte fest: „Die Pumpe ist ein Kind der SPD und ist es bis heute geblieben. Die letzten zwei Jahre sind bedauerlich, und die sollte man nun einfach vergessen. Aber sie haben dazu geführt, dass sich die Pumpe schon verändert hat.“ Sie verweist auf die neue Farbe des Pumpenrads und sagt: “Diese tolle Pumpe!“ Prof. Dr. Mix gibt zu erkennen, dass der CDU noch nie an der Soziokultur lag, da diese „links“ ist. Deshalb hat die CDU damit eigentlich nichts zu tun, aber auch Kinder werden älter und groß und ändern ihre Positionen und Haltungen. So auch das Kind Soziokultur. Er macht dann deutlich, dass drei Viertel der Gelder für Kultur und Kommunikation in Kiel, als Förderung in die Pumpe fließen und nimmt dies als Beleg für eine in seinem Sinne geänderte Pumpenkultur. Rainer Pasternak von Bündnis90/Die Grünen erklärt zunächst, dass „...ich das Wort Soziokultur nur in den Mund nehme, um zu sagen, dass ich es nicht in den Mund nehme.“ Nach Pasternak wird die Pumpe von älteren Leuten getragen, die eine Idee haben. Offen lässt er, welche Idee er meint, erwartet aber für „hölleviel Geld, dass die Stadt der Pumpe gibt“ auch einen entsprechenden Output. Maier-Staud sprach sich als Vorstand der Pumpe dafür aus, selbst keine Inhalte in der Pumpe anzubieten, sondern sie mit der Pumpe zu ermöglichen. Nach dem erarbeiten eines neuen Nutzungsvertrages zwischen Verein und Stadt, gab er seiner Hoffnung Ausdruck, nun arbeiten zu können. In der anschließenden Diskussion wurden den PodiumsteilnehmerInnen Fragen gestellt, die zum größten Teil unbeantwortet blieben. Nachdem Munk kurz einige Punkte aus dem neuen Vertrag mit der Stadt erwähnte, wurde von Mitgliedern des Pumpe-Vereins nach diesem gefragt. Es wurde erklärt, dass er in der Ratsversammlung und im Verein der Pumpe noch beraten und beschlossen werden muss. Es sei kein „Geheimpapier“, jedoch noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Allerdings hatte bei Redaktionsschluss noch kein Mitglied des Pumpenvereins den am 10. Juni in der Ratsversammlung beschlossenen Vertrag gesehn, und dass obwohl zwei Tage später, am 15. Juni, die Mitgliederversammlung stattfinden sollte. Dies lässt die Vermutung zu, dass es doch um mehr geht, als die angekündigte Kürzung der Mittel um 60.000 Euro. Nach dem, was bisher veröffentlicht wurde, geht es um die Aufgabe einiger bisher laut Vereinssatzung wesentlicher Aufgaben der Pumpe: der gesamte Bereich der Kleinkunst muss nun überhaupt nicht mehr stattfinden, politische Veranstaltungen werden nicht mehr erwähnt, sind also nicht mehr wie bisher eine Arbeit in der Pumpe. Die einzigen – bekannten – Punkte, die zu leisten sind, sind Musikveranstaltungen, Kino- und  Medienarbeit, Raumvergabe an Dritte, die Kneipe darf kommerzielle Veranstaltungen durchführen. Der Verzicht auf die genaue Definition, welche Veranstaltungen und Raumnutzungen in der Zukunft stattfinden, bzw. deren Einschränkung auf wenige Punkte ist unbefriedigend. Wenn man weiß, dass es in den vergangenen Jahren auch in der Pumpe immer mehr nur darum ging, das Geld für die Kultur- und gesellschaftspolitische Arbeit zu verdienen, die Partys ganz offen deshalb veranstaltet werden, weil dort ein enormer Thresenumsatz erwartet wird, spricht das nicht für die Einsicht, die Soziokultur zu fördern, sondern für den Schein einer alternativen Kulturszene, die aber nicht viel kosten darf. Dem entspricht z.B. auch die Tatsache, dass die Raumvermietungen nur noch als Geldbringer angesehen werden und seit einiger Zeit direkt mit der Buchhaltung der Pumpe vereinbart werden. Eine inhaltliche Begleitung der Veranstaltungen ist nicht mehr vorgesehen. Die Veränderung von einer Pumpe, in der selbstverwaltet von NutzerInnen und Arbeitsgruppen auch gesellschaftliche Fragen diskutiert wurden, zu einem Raumvermieter, in der Gruppen nunmehr für die Nutzung der Räume zum Teil erhebliche Beträge zahlen müssen, vollzog sich bereits in den letzten Jahren. Ein gedeckelter Zuschuss seit 1991, die nun anscheinend erfolgte Kürzung des Etats um 15 %, ein Vorstand, der sich nach eigenen Aussagen nicht um die inhaltliche Arbeit kümmern will und kann, aber den gesamten Verwaltungsbereich der Pumpe zu Lasten der inhaltlichen Arbeit stärkt, zeigen deutlich in Richtung weiterer Kommerzialisierung und Abbau von Kultur – und Kommunikation in Kiel. Was bleibt, ist, die geringen noch vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, um davon ausgehend stärker wieder Freizeit- , Kultur-, Bildungs- und Kommunikationseinrichtungen zu fordern, die dann zum Nulltarif allen Menschen offen stehen.

Da momentan genau das Gegenteil durch die schwarzgrüne Mehrheitsfraktion geschieht, wird in der nächsten Ausgabe ein Artikel zu den beschlossenen Kürzungen der Stadt im Freizeit- und Kulturbereich erscheinen.

(ank)