Ortopedia:

123 KollegInnen verlieren ihren Arbeitsplatz

In der zweiten Urabstimmung haben sich die Mitglieder der IG Metall bei der Firma Ortopedia mit einer deutlichen Mehrheit von 75,2 % der 125 Urabstimmungsberechtigten dafür entschieden, den Arbeitskampf zu beenden. Damit wird das Verhandlungsergebnis vom 27. Mai 2004 - unter Moderation von Herrn Dr. Ulrich Koch - rechtswirksam. In dem geführten Verhandlungstermin hatte nach mehrstündigen Beratungen der Moderator Koch beiden Seiten einen Vorschlag zur Beendigung der Auseinandersetzung vorgelegt, der dann durch einen Mehrheits-entscheid als tariflicher Schlichtungsspruch und als Spruch einer vereinbarten Einigungsstelle gefällt wurde.

Damit ist eine fast 7-monatige Auseinandersetzung um die Schließung des Kieler Werkes beendet. Das Widerstand und in letzter Konsequenz auch Streikmaßnahmen zu Veränderungen von Arbeitgeberentscheidungen führen können, zeigt sehr deutlich das Beispiel Ortopedia - der beabsichtigte Schließungstermin war der 30.06.2004 und wird jetzt erst zum 31.12.2004, also 6 Monate später Realität.

Außerdem ist erst durch die Auseinandersetzung die Gründung einer Servicegesellschaft mit elf Mitarbeitern entstanden und damit werden in Kiel statt den bisherigen 22 Mitarbeitern der Vertriebsgesellschaft insgesamt 33 Mitarbeitern der Arbeitsplatz erhalten.

Mit der Entscheidungsfrage in der zweiten Urabstimmung: „Ich bin der Meinung, dass mit einer Fortsetzung des Arbeitskampfes das Ergebnis nicht verbessert werden kann. Aus diesem Grund bin ich dafür, den Arbeitskampf zu beenden“, hat die Tarifkommission deutlich gemacht, dass das Ergebnis als unterstes Limit gesehen wird und für alle Betroffenen an der Schmerzgrenze ist, aber unter den gegebenen Umständen auch mit einer Fortsetzung des Arbeitskampfes eingeschätzt wird, keine Verbesserung mehr erreichen zu können.
Eckpunkte des Ergebnisses sind:

1. Es werden 123 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz durch Kündigung verlieren. 22 Mitarbeiter/innen verbleiben in der Kieler Vertriebsgesellschaft. Elf Mitarbeiter/innen können in eine zu gründende Kieler Servicegesellschaft wechseln. Elf Mitarbeiter/innen wird ein Arbeitsplatz in Kalldorf angeboten.

2. Allen 44 Mitarbeiter/innen erhalten einen betriebsbedingten Kündigungsschutz bis zum 31.12.2007. Den Mitarbeiter/innen der Servicegesellschaft und denen die nach Kalldorf wechseln, wird bis zum 30.6.2006 der volle und bis zum 31.12.2007 ein 50 % Sozialplananspruch garantiert, falls aus nicht vorhersehbaren Gründen doch eine betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintritt.

3. Pro gekündigten Mitarbeiter/in werden 16.000 Euro als Sozialplan fällig. Bei 123 Mitarbeiter/innen sind das insgesamt 1.968.000 Euro. Die Verteilung wird zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung vereinbart. Deckel: 60 Jahre max. 15.000 Euro, 62 Jahre max. 10.000 Euro und das zu berücksichtigende Monatseinkommen darf 4.800 Euro nicht überschreiten.

4. Die Kündigungsfrist derjenigen mit ein bis vier Monate Kündigungsfrist wird um 1 Monat verlängert.

5. Alle mit längeren Kündigungsfristen ( fünf bis sieben Monate ) können bis zu einem Monat unter Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge an vom Arbeitsamt angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen. Pro Mitarbeiter wird zusätzlich durch den Arbeitgeber 1.000 Euro gezahlt.

6. Arbeitnehmer, die am 01.11.2004 noch im Arbeitsverhältnis stehen, wird die Versorgungsleistung auch noch voll für das Jahr 2005 gezahlt.

7. Es wurde ein umfassendes Maßregelungsverbot vereinbart, d.h. keinem Arbeitnehmer dürfen Nachteile entstehen, weil er/sie sich an Warnstreikaktionen, Betriebsversammlungen oder am Streik beteiligt hat.

8.Das Gesamtvolumen aller 7 Punkte entspricht ca. 2,6 Millionen Euro

Wolfgang Mädel, Kieler IG Metall-Chef: “Ortopedia ist nach Heidelberg und Panasonic das dritte Beispiel, dass durch Geschlossenheit eine Tarifauseinandersetzung auch über das Wie einer Betriebsschließung geführt werden kann und bessere Ergebnisse, als in alleinigen Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung erreichbar sind. Vor dem Arbeitsgericht ist auch bei Ortopedia erneut dieses tarifvertragliche Recht zugestanden worden. Wenn trotzdem bei allen Beteiligten der Auseinandersetzung ein flaues Gefühl im Magen ist, hat es damit zu tun, dass mal wieder nur Schlimmeres verhindert wurde und 123 Kolleginnen und Kollegen in die Arbeitslosigkeit gehen mit den bekannten schlechten Aussichten in Kiel und Umgebung.“

(Pressemitteilung der IG Metall)