Chance vertan
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL bedauern, dass einmal mehr die Chance vertan wurde, mit einem neuen Zuwanderungsgesetz, die humanitären Standards im Flüchtlings- und Ausländerrecht zu verbessern. Von einer "historische Wende in Deutschland" (Schily) könne keine Rede sein.
• 226.000 Geduldete erwartet ein ungewisses Schicksal. Das Gesetz enthält keine Altfallregelung. Selbst das von der Kohl-Regierung im Jahre 1990 verabschiedete Ausländergesetz enthielt eine solche.
• Die Praxis der Kettenduldungen wird nicht abgeschafft. Die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt sind im Vergleich zum geltenden Ausländerrecht teilweise sogar verschärft werden. Eine Integration der langjährig Geduldeten findet nicht statt.
• Die im Gesetz vorgesehene Härtefallregelung stellt den Bundesländern die Anwendung weitgehend frei. Ein Skandal ist, dass die hochgelobte Regelung nach fünf Jahren ausläuft.
• Die Einführung sogenannter Ausreisezentren im neuen Gesetz wird dazu führen vermutlich mehr Menschen als je zuvor in haftähnlichen Lebensumständen leben werden.
• In den letzten Verhandlungsrunden wurden auf fatale Weise Zuwanderungs- und Sicherheitsfragen vermengt, ohne dass die Wirksamkeit der ersten beiden Antiterrorgesetzpakete je überprüft wurde.
• Die vereinbarten Regelungen zur Anerkennung von nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund entsprechen lediglich geltendem EU-Recht. Um dies zu erreichen, hätte es eines Zuwanderungsgesetzes nicht bedurft.
Für den Großteil der langjährig Geduldeten und für die meisten Flüchtlinge bietet das Gesetz wenig Perspektiven. Jetzt erscheint eine Bleiberechtsregelung nötiger denn je. Bei ihrer nächsten Konferenz in Kiel am 7./8. Juli sind die Innenminister der Länder am Zug. Vor dem Hintergrund der prekären Situation z.B. im Kosovo, in Afghanistan, im Irak oder in Tschetschenien werden sie sich zu entscheiden haben:
Zwischen einer Fortführung der Politik des verschärften Ausreisedrucks oder der eines Bekenntnisses zu einer nachhaltigen Integrationspolitik.
(Presseerklärung des Flüchtlingsrates)