Kommentar:

Dammbruch begegnen

Im Grunde genommen ist es unfassbar. Über vier Millionen Menschen sind offiziell als arbeistlos registriert – die realen Zahlen sind natürlich um einiges höher – doch Konservative und Kapitalverbände starten einen Generalangriff zur Verlängerung der Arbeitszeit. Auch SPD und Grünen beteiligen sich und dass die PDS mitzieht, ist nur noch eine Frage der Zeit.

Nach dem man bei den Beamten angefangen hatte, es dann bei einem Teil der Angestellten des öffentlichen Dienstes versuchte. Gibt es nun in der Industrie den ersten Dammbruch. Postwendend bekam die IG Metall die Quittung für ihre Öffnungsklausel im letzten Tarifvertrag, nach der Abweichungen in der Arbeitszeit nach oben möglich sind. Mit der Drohung, Fertigung nach Ungarn zu verlagern, hat der Siemens-Konzern Belegschaft und Gewerkschaft weichgekocht, sodass sie schließlich in einem Teil der Werke der Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich zustimmten. In der IGM-Zentrale beeiltman sich, zu versichern, dass Siemens nur eine Ausnahme sei, aber die Lawine ist losgetreten. Deutlicher war der Bankrott von Standortlogik und Ko-Management kaum zu demonstrieren.

Aber man sollte nicht alles über einen Kamm scheren: Offensichtlich gibt es in der IG Metall, wie auch in den meisten anderen Gewerkschaften, zwei entgegengesetzte Strömungen. Auf der einen Seite Leute wie Schmitthenner oder auch der ver.di-Vorsitzende Bsirske und natürlich viele im Unterbau, die das Bündnis mit den sozialen Bewegungen suchen. Auf der anderen Seite stehen im Appart wie in den Betriebsräten zahllose Funktionäre vom alten Schrot und Korn, die es sich zu gut eingerichtet haben, die einfach nicht aus den eingefahrenen Gleisen heraus kommen.

Die Linke – nicht nur die in den Gewerkschaften – sollte mit konkretem Druck reagieren. Im Falle Siemens wäre es zum Beispiel von vornherein nötig gewesen, wenn auch andere Belegschaften und nicht zuletzt die Sozialbündnisse aktiv geworden wären. Aber derartiges müssen wir schon selbst leisten. Auch einsichtigere Gewerkschaftsvorstände können uns das kaum abnehmen. Die Auseinandersetzung um die Länge der Arbeitszeit ist eine gesellschaftliche Frage, aber es liegt an der Linken, sie auch wirklich dazu zu machen.

(wop)