Innenministerkonferenz in Kiel:

Bleiberecht gefordert

Vom 7. bis zum 9. Juli tagte in Kiel die Konferenz der Innenminister der Länder und des Bundes. Auf dem Programm der bis Freitag tagenden Konferenz standen neben Fragen der „inneren Sicherheit“, das heißt der verstärkten polizeilichen Repression, auch flüchtlingspolitische Fragen. Aus diesem Anlass hatte ein breites Bündnis um den Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein zu einer Demonstration aufgerufen. 500 bis 600 Menschen zogen am 7. vom Dreiecksplatz zur Tirpizmole. Im Mittelpunkt der Kundgebungsreden stand die Forderung nach einem dauerhaften Bleibrecht. Gebraucht werde eine Regelung, hieß es im Aufruf zur Demonstration (siehe LinX 13/04), die allen Menschen, die seit mindestens fünf Jahren – im Falle von Familien mit Kindern seit drei Jahren – in Deutschland leben, ein Bleiberecht einräumt. Ähnliches müsse für unbegleitete Kinder und Jugendliche und für von Kriegsgräueln Traumatisierte gelten. Es könne nicht angehen, so der ehemalige Landtagsabgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbandes, der Vertretung der dänischen Minderheit, Karl-Otto Meyer, dass diesen Menschen über viele Jahre immer wieder die baldige Abschiebung angedroht werde. In Deutschland leben rund 150.000 Menschen mit einer so genannten Duldung, einem äußerst ungesicherten Aufenthaltsstatus, der zum Teil alle drei Monate oder noch häufiger erneuert werden muss.

Meyer hatte mit einer Delegation der Protestierenden die Innenminister besucht, wurde allerdings nur von einem Abteilungsleiter aus dem schleswig-holsteinischen Innenministerium empfangen. Bernd Mesovic von PRO ASYL nutzte die Gelegenheit, um auf die besonders prekäre Situation der Flüchtlinge aus Tschetschenien hinzuweisen. Es könne nicht sein, dass das Schicksal dieser Menschen aus außenpolitischen Rücksichtsnahmen der Bundesregierung geleugnet werde. Die von den deutschen Behörden meist bei der Ablehnung der Asylanträge unterstellte so genannte inländische Fluchtalternative sei eine pure Fiktion. Es gebe in der deutschen Gesellschaft wenig Verständnis dafür, dass die Innenminister mit ihren einsamen Beschlüssen diese Menschen herumstoßen würden. Außerdem wies Mesovic auf ein besonderes Demokratiedefizit hin, das darin bestünde, dass die Beschlüsse der Inneministerkonferenz keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Aber wie sich im Vorfeld schon abgezeichnet hatte, fanden die Demonstranten kein Gehör. Hamburg und Schleswig-Holstein schlagen zwar Bleiberecht für bestimmte Gruppen wie Minderheiten aus dem Kosovo vor. Doch besonders Bayern sperrt sich und kündigt statt dessen provokativ an, noch in diesem Jahr mit Abschiebungen in den Irak beginnen zu wollen.

Die Demo endete an der Tirpizmole, wo die Innenminister in einer Offiziersmesse des Marinestützpunktes tagten, bewacht unter anderem von Marinesoldaten. Den Herren von der Union, die gerne die Bundeswehr gegen Demonstrationen einsetzen möchten, wird es besonders gefallen haben. Die Minister einigten sich unter anderem auf die Einführung einer zentralen „Islamistendatei“, in der alle „Erkenntnisse“ der Länderpolizeien und der Geheimdienste gesammelt werden. Alle  be- teiligten Behörden sollen Zugriff auf diese Daten haben, ein weiterer Schritt zur Aufhebung der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten, die einst als Lehre aus dem Faschismus ins Grundgesetz geschrieben worden war. Nicht durchsetzen konnte Bundesinnenminister Schily sich hingegen mit seinem Ansinnen, den „Verfassungsschutz“ zu zentralisieren.

(wop)