Kommentar:

EU-Rüstungswerft geplant

Schon mal was von Denis Ranque oder Ekkehard Schulz gehört? Wahrscheinlich nicht. Die beiden sind hierzulande dem breiteren Publikum unbekannt. Ganz unverdienter Maßen, denn sie sind die zentralen Figuren der jüngsten europäischen Rüstungsrochade, die gerade vor unseren Augen vollzogen wird. Der eine, Schulz, ist als Chef von ThyssenKrupp dabei, sich HDW einzuverleiben und mit seinen eigenen Waffenschmieden in Emden (Thyssen Nordseewerke) und Hamburg (Blohm + Voss) zu verschmelzen. Mit den beiden HDW-Erwerbungen in Schweden und Griechenland, wo ebenfalls hauptsächlich Kriegsschiffe gebaut werden, kommt so eine ganz ansehnliche Todesindustrie zusammen. Die Profiteure zweier Weltkriege bleiben sich gerne treu.

In Zeiten eines Weltmarktes, der wesentlich schneller expandiert, als die weltweite Wirtschaftsleistung, und im Zeichen der beschleunigten europäischen Integration ist allerdings auch für den Exportweltmeister die „nationale Lösung“ nur ein Zwischenschritt. Längst ist man sich in Paris und Berlin einig, dass ein großer europäischer Werftenkonzern für Kriegsschiffe aller Art her muss. „Europäisch“ ist dabei im Zweifelsfall mit deutsch-französisch vor allem aber unabhängig von den USA zu übersetzen. Zeit also für einen Auftritt von Denis Ranque, Chef des französischen Spezialisten für elektronische Rüstungsgüter Thales. Dieser drückte in einem Interview mit der Financial Times Deutschland in Sachen Fusion reichlich auf die Tube und benannte auch gleich zwei weitere Adressen, die beim Reigen nicht fehlen dürfen: Die Werften des britischen Rüstungsgiganten BAe und Frankreichs staatlicher Kriegsschiffbauer DCN.

In der ThyssenKrupp-Zentrale rannte Ranque offene Türen ein. Zum einen, weil auch die erweiterte Werftensparte des Konzerns auf Dauer nicht alleine bestehen kann, zum anderen, weil die Franzosen etwas haben, was den deutschen Unternehmen fehlt: Sie bauen Flugzeugträger, auch wenn diese bisher nicht gerade Glanzleistungen der Ingenieurkunst zu sein scheinen. Aber man sollte sich lieber nicht darauf verlassen, dass demnächst deutsche Maut-Spezialisten angeworben werden, um die Agressionsplattformen der Grand Nation aufzupeppen.

Auch sollte man nicht auf die diversen Stolpersteine hoffen, die noch auf dem Weg zur „europäischen Lösung“ liegen. Der neue Rüstungskonzern wird kommen, denn er gehört zur materiellen Basis einer von Deutschland und Frankreich dominierten EU-Militärmacht, deren Aufbau seit einigen Jahren forciert wird. Höchste Zeit also, dass die Friedensbewegung das Schachbrett ein wenig in Unordnung bringt.

(wop)