Kommentar:

”Reformland Deutschland”

Zur Rettung des Standortes Deutschland wird verbreitet, dass die Kosten der Unternehmer durch längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich gesenkt werden müssen, damit gleichzeitig neue Arbeitsplätze entstehen. Es wurden Forderungen nach Arbeitszeitverlängerungen bis hin zur 50-Stundenwoche, zurück zu Arbeitszeiten wie im 19. Jahrhundert, laut. Deutschland ist Exportweltmeister, trotz angeblich zu hoher Löhne und zu kurzen Arbeitszeiten. Die Wettbewerbsfähigkeit ist hoch, weil die Produktivität hoch ist. Außerdem haben die Gewerkschaften in den letzten Jahren eine maßvolle Lohn- und Arbeitszeitpolitik verfolgt.

Makroökonomisch erreichen Arbeitszeitverlängerungen genau das Gegenteil, sie führen zur Steigerung der Arbeitslosigkeit und erhöhen nur die Profite der Kapitalisten. Soziale Rücksichtnahme findet in Zeiten des globalisierten Kapitalismus, wie die Beispiele Siemens und DaimlerChrysler zeigen, kein Gehör.
Der Klassenkampf von oben ist längst Tatsache, weil die Koalition des Kapitals mit der Regierung und den so genannten Oppositionsparteien stabil besteht und fast alle Medien unkritisch mitspielen. Die Diskussionen um längere Arbeitszeiten, Abschaffung des Kündigungsschutzes gehen einher mit dem größten Sozialabbau-Programm der Nachkriegsgeschichte. Sie sind allerdings erst der Einstieg in weitere Angriffe auf den Sozialstaat. Diese “Reformen“ treffen diejenigen am schlimmsten, die schon heute sozial benachteiligt sind. Die Kluft zwischen arm und reich hat sich massiv vergrößert.

Deshalb besteht auch die Notwendigkeit der massiven Gegenwehr. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaftern, Globalisierungskritikern und sozialen Bewegungen ist notwendig, um der unsozialen Politik von Kanzler Schröder und seinen Handlangern den Riegel vorzuschieben. Bündnisse von Jungen und Alten, von Beschäftigten und Arbeitslosen sind notwendig und möglich, nur das Bündnis zwischen Arbeit und Kapital ist schon immer unmöglich gewesen. Auf die meisten Gewerkschaftsführungen kann man sich allerdings nicht verlassen, wie die Beispiele Daimler und Siemens zeigen. Deshalb muss auch Druck innerhalb der Gewerkschaften ausgeübt werden. Die Wahrung der Prinzipien der Einheitsgewerkschaft müssen endlich eingehalten werden. Es darf keine gewerkschaftliche Unterstützung mehr für diese unsoziale Regierung geben. Es steht aber mehr auf dem Spiel als Arbeitszeit und Arbeitslohn oder Verteidigung der erkämpften sozialen Errungenschaften. Es geht auch um die Würde der ArbeitnehmerInnen und ihren Familien, der Arbeitslosen, der SozialhilfeempfängerInnen, der Jungen, der Alten und Kranken im “globalisierten Deutschland“.

(hg)