Ländliches

Das AKW Brokdorf ist am 6. August 2004 zum jährlichen Brennelementwechsel und der damit verbundenen Revision vom Netz genommen worden. Während des Stillstandes sollen 44 der 193 Brennelemente ausgetauscht werden. Wie im Vorjahr sind wiederum umfangreiche wiederkehrende Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten und kleinere Änderungen „zur Optimierung der Sicherheit“ vorgesehen, teilte das Kieler Sozialministerium mit. Der Meiler war seit der letzten Revision im Juli 2003 ununterbrochen in Betrieb.

Dem grünen Umweltminister flattern wegen der nahenden Landtagswahl (Anfang 2005) offenbar ein wenig die Hosen. Angesichts der katastrophalen Ergebnisse in den Meinungsumfragen könnte es gut sein, dass der große Koalitionspartner schlapp macht und es nicht mehr für eine sozialdemokratisch-grüne Mehrheit reicht. Also würde er sich gerne schon im Voraus bei der Vertretung der dänischen Minderheit absichern. Der SSW solle sich auf die Unterstützung einer Minderheitenregierung aus SPD und Grünen festlegen. Doch der Umworbene lehnt dankend ab. Die Vorsitzende der SSW-Landtagsgruppe, Anke Spoorendonk, meint dazu: „Der SSW ist eine unabhängige Kraft, die keinem der politischen Blöcke angehört. Wir machen eine Zustimmung für eine Landesregierung davon abhängig, dass die politischen Forderungen des SSW erfüllt werden. Für uns sind eine Sozial- und Bildungspolitik nach dänischem Vorbild, eine Stärkung des Landesteils Schleswig und die Gleichstellung der Minderheiten entscheidend.“ Klar sei allerdings, dass man sich auch 2005 an keiner Regierungskoalition beteiligen werde.

Die sozialpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen Angelika Birk meint, dass es „keine akuten Kürzungen“ bei Arbeitslosengruppen gibt. Auch 2005 würden die Arbeitsloseninitiativen im Lande Zuschüsse erhalten. „Allerdings muss eine Förderung darüber hinaus auf eine neue Grundlage gestellt werden. ... Die Grüne Landtagsfraktion setzt sich dafür ein, dass auch über das Jahr 2005 hinaus Arbeitsloseninitiativen Landeszuschüsse erhalten.“ Hoffentlich wird man sich daran auch nach der Landtagswahl noch erinnern.

Derweil macht sich Birks Parteifreundin Anne Lütkes Sorgen um die Umsetzung von Hartz IV. Das sei das wichtigste Projekt der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode, da könne man sich keinen Patzer erlauben. Insbesondere beklagt sie, dass als erwerbsfähig eingestufte Sozialhilfeempfänger eventuell im Jauar erst zum Monatsende ihr Geld bekommen werden. Sozialhilfe wird im Voraus ausgezahlt, das neue Arbeitslosengeld II, das dieser Personenkreis bekommen soll, erst zum Monatsende.

„Die Einführung von Studiengebühren löst nicht die Finanzierungsprobleme der Universitäten und Fachhochschulen, verkürzt kein Studium, aber schreckt dafür Studierwillige ab,“ findet der SSW und unterstützt daher die Landesregierung in ihrer Ablehnung.

Bernd Schröder von der SPD-Landtagsfraktion ist ganz happy, dass Mitte Juli mit dem Bau der Nordwestumfahrung Hamburg begonnen wurde. Dabei geht es um ein Teilstück der Autobahn A20, die damit den Druck für den Bau einer Elbquerung westlich von Hamburg erhöhen wird. Die Wiederum ist ein altes Steckenpferd aller Autofetischisten. Schröder: „Die A 20 einschließlich der Elbquerung bleibt für uns das wichtigste Verkehrsinfrastrukturprojekt in Schleswig-Holstein.“
„Für die Störungsfreiheit des sonntäglichen Gottesdienstes ist es gleichgültig, ob eine Autowaschanlage ausschließlich durch Roboter oder auch durch angestellte menschliche Lebewesen betätigt wird,“ findet Klaus-Peter Puls von der SPD. Weniger Gedanken scheint er sich gemacht zu haben, ob die „menschlichen Lebewesen“ scharf darauf sind, Familienleben und Freunde der Sonntagsarbeit zu opfern.

Das Englische Wort „Science“ bedeutet auf Deutsch Wissenschaft und meint meistens Naturwissenschaft. Bei der hiesigen SPD hatte man gerade kein Wörterbuch zur Hand und hat daher die Sache dem Tourismussprecher übergeben: „Die Zusage der Landesregierung, ein Science-Center in Kiel mit bis zu 60 % fördern zu wollen, ist auch ein Beitrag für den Tourismus. Mit einer solchen Einrichtung würde der Indoor-Tourismus in Schleswig-Holstein ein attraktives Angebot erhalten“, so der „tourismuspolitische Sprecher“ der SPD-Landtagsfraktion Hermann Benker. Wir befürchten Schlimmstes, sowohl für den Inhalt des „Centers“, als auch für den städtischen Haushalt.

Der SSW fordert die Aufnahme friesischer topographischer Bezeichnungen in deutschen Schulbüchern. „Friesische Ortsnamen in Atlanten und auf Wandkarten fördern die friesische Sprache und verdeutlichen die kulturelle Besonderheit Schleswig-Holsteins“, meint der Landtagsabgeordnete Lars Harms. „Die Erfahrungen mit sorbischen Ortsnamen in Schulatlanten sind gut. Deshalb muss jetzt auch dem Wunsch der Friesen entsprochen werden, zweisprachige Bezeichnungen für die Orte, Inseln und Regionen in Nordfriesland einzuführen. Die Verwendung friesischer Namen in den Atlanten fördert die friesische Sprache im Alltag und stärkt die regionale Verbundenheit. Außerdem werden die Schülerinnen und Schüler bundesweit auf die besondere sprachliche Vielfalt Schleswig-Holsteins aufmerksam gemacht.“

Justizministerin Anne Lütkes (Spitzenkandidatin der Grünen bei den kommenden Landtagswahlen) zieht eine positive Zwischenbilanz des im Jahr 2000 initiierten „Investitionsprogramms Justizvollzug“. 70 Millionen Euro sollen bis 2009 für die Modernisierung der Knäste im Land ausgegeben werden. „Ziel war und ist es, auf der Grundlage einer sicheren und menschenwürdigen Unterbringung möglichst optimale Erziehungs-, Behandlungs- und Integrationsmaßnahmen im Vollzug zu realisieren“, meinte Lütkes. Im Rahmen des Programms wurde auch die „Abschiebungshafteinrichtung“ in Rendsburg geschaffen, in der bis zu 56 Häftlinge darauf warten können, dass sie von der grünen Ministerin an ihre Folterer ausgeliefert werden.

Das Kreise, Kommunen und Länder einander die Gewerbeansiedlungen mit Geschenken aller Art abspenstig machen, ist zwar hrinverbrannt, aber kapitalistischer Alltag, und für gewöhnlich wäre die Partei der Besserverdiener die letzte, die sich darüber aufregen würde. Demnächst läuft jedoch der Landtagswahlkampf an, und da kann ein bisschen Populismus nichts schaden. Also plustert sich Heiner Garg von der Landtags-FDP ein wenig auf, da irgend so ein Kaff in Mecklenburg versucht hat, unserm schönen Lübeck ein paar Unternehmen abzuwerben. Zugunsten des „sog. 'Aufbau-Ost'“ würden in Schleswig-Holstein Arbeitsplätze zerstört. Unwahr sind hingegen Gerüchte, Garg wolle den Grenzzaun zurück haben. Der würde Lübeck nämlich von einem einträglichen Konsumentenstrom abschneiden, den es aus dem Osten in die Stadt zieht.

(wop)