Antikriegstag:

EU als Modell?

Am 1. September war Antikriegstag. Der DGB sieht EU als "Modell für eine globale Friedensordnung".

Im DGB-Aufruf zum diesjährigen Antikriegstag heißt es: "Ein gemeinsames Europa ist die Garantie für ein von Toleranz, Freiheit, Demokratie und Frieden bestimmtes Miteinander. Die EU-Erweiterung ist der lebende Beweis für die friedliche Überwindung eines jahrzehntelangen Konfliktes zwischen Ost und West. In der gewachsenen europäischen Staatengemeinschaft sehen die deutschen Gewerkschaften auch ein Modell für eine globale Friedensordnung, in der die Stärke des Rechts das Recht des Stärkeren überwindet.

Mit der Europäischen Verfassung und dem Ausbau der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik steigen die Chancen, dass Europa verstärkt dazu beiträgt, internationale Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund steht die Europäische Union in der Verantwortung, alle zivilen Möglichkeiten der Friedenserhaltung und Kriegsvermeidung auszuschöpfen, um drohende als auch vorhandene Konflikte politisch zu lösen. In Anbetracht zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen und der Bedrohungdurch den internationalen Terrorismus muss Europa dieser Verantwortung gerecht werden."
Stellvertretend für die Proteste gegen diese angesichts der Inhalte der EU-Verfassung und der tatsächlichen Militärpolitik der europäischen Staaten absurde Darstellung sei hier das Schreiben einer Friedensinitiative aus Herne zitiert.

"Der offizielle Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum morgigen Antikriegstag kann von der Herner Friedensinitiative nur als skandalös bezeichnet werden. In einer Situation, in der die internationale Friedensbewegung die von den Regierungschefs verabschiedete neue Verfassung massiv kritisiert, spricht der DGB-Bundesvorstand von den steigenden Chancen für friedliche Konfliktlösungen in der Welt, wenn diese Verfassung Gültigkeit erlangt. Die europäische Staatengemeinschaft wird sogar als "ein Modell für eine globale Friedensordnung" bezeichnet. Die Herner Friedensinitiative distanziert sich von diesem Aufruf des DGB-Bundesvorstandes, weil diese Einschätzung der neuen Europäischen Verfassung und der Militärpolitik der Europäischen Union völlig neben der Wirklichkeit liegt.

Fakt ist, dass durch die neue Verfassung alle Staaten zur Aufrüstung gezwungen werden. Die Aufrüstung wird zum Verfassungsgebot und wesentliche Teile des Grundgesetzes werden außer Kraft gesetzt.

In diesem Zusammenhang ist der DGB-Bundesvorstand nicht in der Lage zu erkennen, dass hier ein großes Demokratiedefizit festzustellen ist. Die nationalen Parlamente werden über den Einsatz des Militärs nicht mehr entscheiden, diese Entscheidung trifft man in Brüssel. Das Europa-Parlament wird dabei nur auf dem "Laufenden gehalten".

Kein kritisches Wort findet der DGB-Bundesvorstand zur europäischen Militärpolitik mit der Aufstellung einer Interventionsarmee und zum weltweiten Einsatz der Bundeswehr, die laut Verfassung nur für die Landesverteidigung eingesetzt werden darf. Aufgrund dieser Sichtweise der Dinge im DGB-Bundesvorstand verwundert es nicht, dass die Forderung der Friedensbewegung nach der Volksabstimmung über die neue EU-Verfassung im DGB-Aufruf keine Erwähnung findet.
Mit diesem Aufruf hat der DGB-Bundesvorstand den Antikriegstag de facto abgeschafft. gez. Norbert Kozicki (Sprecher der Herner Friedensinitiative)"

Nun, abgeschafft ist der Antikriegstag damit sicher nicht. Aber wir wissen, dass wir uns auf den DGB nicht verlassen können. Eine weitere Herausforderung für Antimilitaristen und Kriegsgegner in den Gewerkschaften.

(D.L.)