Tarifergebnis am Uni-Klinikum

Am Uni-Klinikum Schleswig-Holstein wurde am 27. August von der ver.di-Tarifkommission ein Tarifergebnis akzeptiert, das den Beschäftigten erhebliche Opfer auferlegt. Seine Inhalte wirken über den Fachbereich hinaus und erschweren beispielsweise massiv die Situation der KollegInnen im Öffentlichen Dienst, die sich auf schwere Tarifkämpfe und Streiks vorbereiten. Ver.di aber feiert das Ergebnis: “Aus Sicht der ver.di-Tarifkommission ist das Verhandlungsergebnis ein wichtiges Signal für die Zukunft der Uni-Klinik. Es ist gelungen, den Flächentarif im größten Klinikum des Landes (ca. 10.000 Beschäftigte) auf Dauer sicherzustellen und die Belegschaft aus Wissenschaftlichen und Nichtwissenschaftlichen Beschäftigten nicht spalten zu lassen. Mit der Prozessbegleitung zusammen mit dem Vorstand des UK S-H geht der ver.di-Fachbereich 3 ganz neue Wege.”

Und so sehen die “ganz neuen Wege”, so sieht das zukunftsweisende Signal aus: “Die Eckpunkte der Tarifeinigung:

Laufzeit des Tarifvertrages 3 Jahre, vom 1.1.2005 bis 31.12. 2007.

Die Tarifverträge BAT und MTArb gelten für alle Beschäftigten am UK S-H weiter, auch für Neueinstellungen.

Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für 3,5 Jahre für alle.

Es wird ein Zukunftskonzept für das UK S-H entwickelt.

Der Vorstand und ver.di begleiten den Zukunftsprozess gemeinsam.

Die Arbeitszeit wird auf der Grundlage des ab dem nächsten Jahr geltenden neu gestalteten Tarifvertrages Öffentlicher Dienst tarifiert, d.h. u.a. Einführung von Arbeitszeitkonten. Die Umsetzung der EuGH-Entscheidung bei Ärzten und Funktionsdiensten soll damit ab 2005 ermöglicht werden.
Als Sanierungsbeitrag aller Beschäftigten am UK S-H wird für 3 Jahre kein Urlaubsgeld ausgezahlt. Das gilt auch für die beim Land angestellten Ärzte/innen.
Die Beschäftigten der Servicebereiche verzichten für 3 Jahre auf 2,5 % Lohn/Gehalt, bleiben aber auf Dauer Beschäftigte des UK S-H, im jetzigen Tarifvertrag und nehmen an den weiteren Tarifsteigerungen teil.

Eine Servicegesellschaft kann zum 1.1.2005 gegründet werden. Alle z.Zt. fremd vergebenen Arbeiten werden in diese Gesellschaft zurückgeführt. Ver.di und Vorstand verhandeln für diese einen Tarifvertrag.

Der Vorstand leistet einen eigenen Sanierungsbeitrag aus seiner Vergütung”

Also: Die Beschäftigten des Uniklinikums werden aus der Solidarität im Kampf um die Ausgestaltung des neuen BAT herausgenommen durch einen Tarifvertrag, der genau zum richtigen Zeitpunkt abgeschlossen wurde, um den KollegInnen im Öffentlichen Dienst möglichst effektiv in den Rücken zu fallen. (Es geht hier nicht um die Bewertung von subjektiven Absichten, sondern von objektiven Wirkungen.) Ohne Arbeitskampf. Die KollegInnen gerade in den Servicebereichen verzichten für drei Jahre (!!) auf 2,5 Prozent ihres Entgelts, ein Sonderopfer der besonders schlecht bezahlten Beschäftigten, das den ebenfalls auf drei Jahre festgeschriebenen Verzicht aller Beschäftigten auf ihr Urlaubsgeld ergänzt. Wie der Tarifvertrag für die oben genannte Servicegesellschaft auf dieser Grundlage aussehen wird, kann man sich ohne viel Fantasie ausmalen.

Die Verlautbarungen von ver.di über diesen Abschluss enden mit den Worten: “Gemeinsames Handeln und Kämpfen bringt die Erfolge! Deshalb ver.di-Mitglied werden!” – Meine Güte. Wieder einmal wird hier mit einer Tarifvereinbarung all das, was von ver.di im Kampf gegen Sozialabbau öffentlich und nun in Kiel auch mit Straßenaktionen (s. Artikel in dieser LinX) als notwendig hingestellt wird, werden alle unsere gegen neue Zugeständnisse gerichteten Forderungen ad absurdum geführt. So werden Mitglieder vergrault statt geworben. So wird Vertrauen in die tatsächliche Durchsetzungsfähigkeit der Gewerkschaften insgesamt vernichtet.

Dietrich Lohse