Nachtrag zum Sommercamp:

DIDF-Jugend-Konferenz

Am 7. August, dem vorletzten Tag des Sommercamps der DIDF-Jugend in Falckenstein fand in Kiel die 7. bundesweite Konferenz des Jugendverbandes der Föderation der demokratischen Arbeitervereine (DIDF) statt. Aufbauend auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppen, wurden neue Beschlüsse gefasst und ein neuer Bundesvorstand gewählt.

Für viele der rund 200 Jugendlichen war es das erste Mal, dass sie an einer Konferenz, wie dieser teilnahmen. In der Woche davor hatten sie auf diversen Vorträgen, Diskussionen und Arbeitsgruppen vieles gelernt. Unter anderem, dass ihre Wünsche und Interessen nur organisiert durchgesetzt werden können.
Zu Beginn wurde von Mehmet Ata, Mitglied des Bundesvorstandes ein Bericht über die allgemeine Lage in Deutschland und eine Bewertung der vergangenen Aktivitäten der DIDF-Jugend vorgetragen. Auf Festivals und Fußballturnieren hätte man Jugendliche unterschiedlicher Herkunft vereint und für ein besseres Zusammenleben eingestanden. Man habe an Demonstrationen gegen Sozialabbau und Krieg teilgenommen, hätte die streikenden Azubis bei Daimler-Chrysler in Stuttgart unterstützt und protestierte als Schüler und Azubis gegen die Privatisierung der Berufschulen in Hamburg.

Zwar sei die DIDF-Jugend eine Jugendorganisation von Migranten, doch diese Jugendliche seien keine Gruppe für sich. Sie bestünden aus Schülern, Studenten, Azubis und Arbeitern. Ihre Interessen deckten sich daher mit denen ihrer deutschen Freunde und Kollegen. Die Durchsetzung dieser Interessen sei nur durch einen gemeinsamen Kampf in den Schulen, Betrieben und Unis möglich. Aus diesem Grund waren in den Tagen vor der Konferenz die Basisgruppen zusammengekommen und hatten über ihre jeweilige Situation gesprochen.

Azubis und Arbeiter
Während die Regierung mit „Hartz IV“ und Agenda 2010 die gesetzlichen Rahmenbedingungen für mehr Ausbeutung schafft, drohen Konzerne wie Siemens ihre Produktion in den Ausland zu verlagern, wenn die Wochenarbeitszeit nicht auf 42 Stunden angehoben würde. Das ist die Ausgangsbedingung für viele Arbeiter. Gleichzeitig wurden Schritte der Gewerkschaft eine Umlagefinanzierung zur Schaffung von Ausbildungsplätzen durch Regierung und Arbeitgerbern verhindert. So standen auch dieses Jahr rund 200.000 Jugendliche ohne eine Ausbildungsstelle da.

Studenten
Mit der Einführung der Studiengebühren durch die Landesregierungen wurden die Türen der Hochschulen für Jugendliche aus Arbeiterfamilien noch ein Stück mehr geschlossen. Über generellen Studiengebühren ab dem ersten Semester wird bereits diskutiert und eine Einführung ist nur eine Frage der Zeit. An der Etablierung so genannter Elite-Unis und der Privat-Unis arbeitet man bereits. In naher Zukunft dürfte Hochschulbildung für die Mehrheit vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Um die Gegenbewegung zu stärken wird die DIDF-Jugend Hochschulgruppen aufbauen und die Beteiligung von türkischstämmigen Studenten an den Streiks und Demonstrationen stärken. Die DIDF-Jugend fordert kostenlose und freie Bildung für alle.

Schüler
Die miserable finanzielle Lage der Schulen macht sich am besten an der angespannten Atmosphäre in den Schulklassen bemerkbar. Schüler sind unzufrieden über den langweiligen Unterricht der zumeist alten Lehrer, während sich die Lehrer über Motivationslosigkeit der Schüler beklagen. Bei 30 bis 40 Schülern in einer Klasse, ist guter Unterricht nicht nur eine Frage der Gutmütigkeit. Von der Bildung hängt die Zukunft eines Menschen ab. Daher halten es die Schüler in der DIDF-Jugend für wichtig, sich für bessere Lernbedingungen einzusetzen und an den Schulen mitzubestimmen. Dazu wollen sie in die Schülervertretungen eintreten, die Schülerzeitungen zu Verbreitung der Schülerinteressen nutzen und die Praktikumswochen für den kulturellen Austausch unter den Schülern nutzen.
Zum Schluss der Konferenz wurden unter tobendem Beifall 11 Kandidaten für den neuen Bundesvorstand vorgeschlagen und gewählt. Zwei neue Orte sind nun im Vorstand vertreten;  Salzgitter und Essen. Dort haben sich die Jugendlichen neu zusammengeschlossen, um mit der DIDF-Jugend den Kampf für eine bessere Zukunft aufzunehmen.

War das Camp schön?
Der Rausch ist langsam abgeklungen. Der Trance-Zustand ist dem Erwachen gewichen. Im Camp hat man zu viele Eindrücke gesammelt - zu viele, um sie in neun Tagen zu verarbeiten. Deshalb wird vielen erst im Nachhinein bewusst, was man erlebt hat.

Neun Tage lang ständig mit anderen Menschen zusammen zu sein, ist für die meisten schon eine neue Erfahrung. Mit diesen Menschen zu diskutieren, zu schaffen und zu feiern, ist ein Gefühl, das man ungern vergessen möchte. Jetzt, wo das Camp vorbei ist, fängt man an, Dinge zu vermissen, die man vorher hasste. Man wünscht sich wieder die nervige Trommel zum Aufwachen, die gleichen Gesichter, die einen zu Seminaren auffordern und die Essensschlange im Essensraum. Irgendwie hat man immer das Gefühl, das Camp sei viel zu kurz. Auch wenn man schon das fünfte Mal im Camp ist.

Die Camper haben nicht nur schöne Gefühle mit nach Hause nehmen können, sondern auch eine Menge Wissen. Unsere Gäste Peter Gingold, Hans Heinz Holz, Tobias Pflüger, Rolf Becker und andere haben uns an ihren Kenntnissen Teil haben lassen. Besonders Peter Gingold hat uns gezeigt zu kämpfen, und er hat uns Tränen in die Augen steigen lassen. Wir sollten nicht vergessen, dass jemand wie Hans Heinz Holz 12 Stunden Fahrt auf sich genommen hat und sich trotzdem riesig freute, bei uns sein zu dürfen. “Was soll ich mit meinem Wissen sonst anfangen, wenn ich es nicht weitergeben kann”, war seine Antwort, als er gefragt wurde, ob sich die lange Fahrt gelohnt habe.

Das gleiche gilt auch für uns. Was können wir mit dem anfangen, was wir im Camp in den Seminaren, den Arbeitsgruppen und in den Diskussionen mit unseren Freunden gelernt haben, wenn wir es nicht weitergeben? Wenn wir das Gelernte nicht in unseren Orten für unsere tägliche Arbeit verwenden? Wozu das ganze, wenn wir nicht versuchen, neue Jugendliche für unsere Arbeit zu gewinnen? Das Camp ist immer ein Ende und ein Anfang. Es ist das Ende, weil es das Ergebnis langer Vorbereitung ist, an dem viele teilgenommen haben. Es ist ein Anfang, weil wir mit neuer Energie an unsere Arbeit in unseren Vereinen gehen. Jugendliche aus mehr als einem Ort haben sich bereits gemeldet, weil sie neue Gruppen gründen wollen. Ob das Camp ein Erfolg war, werden wir erst im Nachhinein sehen können. Wenn sich neue Gruppen gründen, wenn andere Gruppen besser arbeiten als bisher, wenn die DIDF-Jugend mit mehr Motivation fortschreitet, war das Camp ein Erfolg. Wenn wir das nicht schaffen sollten, waren die neun Tage im Camp einfach nur schön. Jeder von uns muss daran arbeiten, dass das Camp ein Erfolg wird. Die Arbeit fängt jetzt erst richtig an...

Sonntag, 08.08. – die Camper steigen in ihre Busse und fahren nach Hause. Die vergangenen neun Tage waren sie, die 250 Jugendlichen aus Deutschland und Holland, an der Kieler Förde. Sie haben mit dem Zutun von jedem einzelnen ein Camp geschaffen, das Urlaub und Bildung zugleich war. In zehn Arbeitsgruppen, bei Vorträgen und in kleinen Diskussionsrunden haben die Jugendlichen Dinge gelernt, die ihnen die Schule oder die Universität nicht lehrt. Sie haben Dinge gelernt, die für ihren Alltag wichtig sind, aber sie sind weiter gegangen als die Alltagssicht. Und die Jugendlichen haben messbare Erfolge vorzuweisen. CampTV hat ist fast jeden Tag auf Sendung gegangen, die Zeitungsgruppe hat fünf Ausgaben des Lagefeuers heraus gebracht, die Radiogruppe machte täglich Programm und die kulturellen Gruppen haben ihre Ergebnisse auf der Abschlussfeier am letzten Tag des Camps präsentiert.

Auch wenn sich das Leben auf dem Camp fundamental von dem im Alltag unterscheidet, gewöhnten sich auch die neuen Jugendlichen sehr schnell an dieses Leben. Wenn es in den ersten Tagen nach gegenseitige Vorurteile und Distanz gab, wurden die Hürden des Zusammenlebens schnell überwunden. Früh wurde klar, dass eine vorsichtige Haltung gegenüber anderen nicht nötig ist. Stattdessen war gegenseitige Hilfe und Unterstützung angesagt. Während Freundschaften sonst auf gemeinsamen Interessen und Vorlieben beruhen, bauten die Freundschaften im Camp auf gemeinsamen Taten und Schwierigkeiten auf. Genau darum entwickelten sich Beziehungen, die sonst erst in Jahren aufgebaut werden können. Klar dass nicht jeder Seminare leiten oder Vorträge geben kann, doch jeder hat seinen Teil zum Camp beigetragen. Kaum einer, der sich vor Aufgaben gedrückt hat.

Von außen ist es schwer zu verstehen, warum Jugendliche neun Tage voller Arbeit und Schlaflosigkeit vermissen können. Vielleicht weil sich in der Arbeit Erkenntnisse und Gefühle entwickeln können, die man sonst unmöglich erleben kann.

Am ehesten kann man diese Gefühle in den Vereinen der DIDF weiter leben, darin sind sich die meisten einig. Die Jugendlichen wollen in ihren Orten “kleine Camps” aufbauen, indem sie ihr Umfeld verändern und andere für die Ideen der DIDF-Jugend gewinnen wollen.

(DIDF-Jugend-Kiel/Köln/EVRENSEL)