Städtisches Sparprogramm:

Erste Proteste

Die Ratsversammlung am 19.August offenbarte der Kieler Bevölkerung ihre derzeitige Finanzlage. 88 Millionen Defizit, das negativste Ergebnis, das die Stadt Kiel jemals hatte. Die Gewerbesteuereinnahmen seien stark gesunken. In der LinX vom 14.8. wiesen wir darauf hin, dass seit 2000 die Kommunen statt 20 % nun 30% an Bund und Land abführen müssen. Vom Kämmerer Albig wurde aber vor allem die steigenden Sozialleistungen als Grund für das Defizit aufgeführt. Wieviel Steuern von den ortsansässigen Rüstungskonzernen, die Mrd. Gewinne im weltweiten Exportgeschäft erwirtschaften, für den Kieler Haushalt abspringen, danach wagt kein Ratsherr zu fragen.

Bis 2007 soll nach dem Willen aller im Rat vertretenden Parteien jetzt ein Sparprogramm durchgesetzt werden, was die Kosten um 30% senkt. Betroffen sind vor allem Dienstleistungen im Sozialen, in der Kultur und in der Bildung. „Tabubereiche“ könne sich die Stadt nicht mehr leisten, „ebenso wenig neue Großprojekte“.
Aber gerade solche Großprojekte werden von den Ratsmitgliedern nicht begraben. Weder wurde von dem teuren und unnötigen Flughafenausbau Abschied genommen, noch hat irgendjemand die sehr hohen Ausgaben für die Hafenerweiterungen in Frage gestellt. Stattdessen wurde lange lamentiert über das nächste Prestigeprojekt „Science Center“, mind. 22 Millionen Euro teuer, für das es evtl. 70 % vom Land dazu gibt. Alle wollen es gerne haben. Aber wegen der unklaren Besucherzahlen wurde es den Ratsmitgliedern dann wohl doch zu mulmig und sie haben das Projekt zur genaueren finanziellen Prüfung zurückgestellt.
Nicht so bei den beabsichtigten Sparmaßnahmen. Die Umsetzung soll durch die jeweiligen Ausschüsse unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorbereitet werden.
- Erste Proteste dagegen gibt es bereits. Gegen die Einführung von Gebühren für die Hallenbenutzung protestierte der Sportverband und befürchtet für die 190 Vereine drastische Einschränkungen bis hin zur Auslösung. Die Mitgliedsbeiträge lägen bereits am unteren Limit: „Jede weitere Erhöhung würde vor allem die sozial Schwächeren, insbesondere Kinder, Senioren, ausländische Mitbürger und Behinderte treffen.“

Einen weiteren Vorstoß startete die Stadt bei den städtischen Schwimmbädern. In einem Gutachten werden Schließungen, Privatisierung und höherer Eintritt für die „Kieler Bäderlandschaft“ zur Kostensenkung empfohlen. Die Bäder sollen in einer GmbH zusammengeführt und in einen profitablen Betrieb umgewandelt werden („vermarktet“). Die Lessinghalle und die Gaardener Schwimmhalle sollen abgerissen werden. Die gaardener soll in Katzheide wieder aufgebaut werden. Die Bäder sollen dann „zielgruppenorientiert“ sein. Sozialhilfeempfänger gehören wohl nicht dazu.

- Kultur soll nicht mehr kostenlos möglich sein. Seit 1999 waren freiwillige Spenden möglich. In Zukunft wird es Eintrittspreise für Stadtgalerie und Museen geben. Die Besucherzahlen werden dann wohl weiter sinken und die Kunst bleibt den wohlhabenden Bürgern vorbehalten.

- Ein Gutachten zu den Sparmaßnahmen an der Volkshochschule wurde jetzt im Kulturausschuss von Heinz Rethage vorgelegt, seines Zeichens verantwortlich für die geschönten Gutachten zum Flughafenausbau. Bevor er die Stadt verläßt soll er noch das 30%ige Kürzungskonzept für die Volkshochschule entwickeln. Dieses liegt jetzt vor und er schlägt die Einsparung von 13,5 Stellen vor. Das bringe eine Kostenersparnis von 1,45 Mio. Euro. Desweiteren sollen Doppelangebote von Kursen gestrichen werden. Die Sachgebiete Gesellschaft/Politische Bildung /Umwelt sollen ganz entfallen. Kunst/Gestaltung soll um 50% reduziert und der Gesundheitsbereich um 30% gekürzt werden. Protestiert hat mittlerweile nicht nur der Personalrat, der beklagte, dass es für die Mitarbeiter immense Arbeitsverdichtung und Qualitätseinbußen nach sich ziehen würde. Auch der Förderverein der Volkshochschule protestiert gegen die Sparpläne. Mit der Kürzung des Kursangebote bis zu einem Drittel würden die Interessen der Bürger ignoriert und die Dozenten, die sich mit großem Idealismus, aber für ein geringes Honorar engagiert haben, „rüde vor den Kopf – oder in die Arbeitslosigkeit – gestoßen“ (laut KN 4.9.04)

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der geplanten Sparmaßnahmen der Stadt Kiel, die vor allem Auswirkungen auf den wachsenden Teil der ärmeren Bevölkerung hat.
Die städtischen Sparmaßnahmen und Privatisierungsabsichten, wie auch die konkreten Auswirkungen der „Hartz IV“-Reform, sind Schwerpunkte einer Attac-Arbeitsgruppe, die sich auf dem Kieler Bündnis gegen Sozialabbau und Lohnraub gebildet hat und sich erstmalig am Mi., 15.9., um 19 Uhr in der Pumpe (Raum siehe Aushang) trifft. Interessenten sind willkommen.

 (Uwe Stahl)