Protest gegen Gentechnik-Treffen
Zum ersten Mal fand die weltgrößte Agrar-Gentechnik-Messe
in Europa statt (ABIC, Agricultural Biotechnology International Conference).
Wohl nicht ganz zufällig in Köln, d.h. in der Nähe großer
deutscher Gentechnik-Konzerne wie Bayer und BASF, die auch als Sponsoren
der Messe auftraten. Die Messe findet seit 1996 in Kanada statt und wurde
dieses Jahr nach Europa verlegt, um den Druck auf die Politiker zu verstärken,
die Agro-Gentechnik in Europa einzuführen.
Industrie und Politik argumentieren mit Schlagworten wie Zukunftstechnologie,
Arbeitsplätzen und Welthunger für die Einführung dieser
Risikotechnologie. Agro-Gentechnik, oder beschönigend auch Grüne
Gentechnik genannt, wird als Lösung für die Probleme angepriesen,
die oft erst durch die Industrialisierung der Landwirtschaft entstanden
sind.
Durch die unablässige Wiederholung von Unwahrheiten soll uns BürgerInnen
ein Nutzen vorgegaukelt werden. Wir werden als fortschrittsfeindlich diffamiert,
wenn wir eine Abkehr von einer Natur zerstörenden Landwirtschaft verlangen,
die Kleinbauern weltweit der Existenz beraubt und unabsehbare Langzeitfolgen
hat.
Die Aktivisten der Alternativkonferenz, zu der Gäste wichtiger
NGOs aus Malaysia, Philippinen, Zambia, Indien, Frankreich und Deutschlands
zählten, wollen sich gemeinsam für die Aufklärung über
die Agro-Gentechnik einsetzen. Realität: die Industrie will höchstmögliche
Gewinne erzielen und größtmögliche Marktanteile erobern.
Diesem Nutzen für die Aktienbesitzer (shareholder-value) wird die
Gesundheit von Plantagenarbeitern geopfert, die Verschuldung und Existenzverlust
von Kleinbauern hingenommen, die Böden ausgelaugt, das Wasser vergiftet,
Menschen vertrieben und weitere unabsehbare Folgen für die menschliche
Gesundheit und die Kulturpflanzenvielfalt hingenommen. Beispiele einer
deutschen Firma hierzu finden sich zuhauf auf der Internetseite der Coordination
gegen BAYER-Gefahren Die CBG gehörte auch mit zu den Organisatoren
des Alternativkongresses.
Die Gäste aus Malaysia, Irene Fernandez, und den Philippinen, Giovanni Tapang, gehören der Bewegung für die Erhaltung der Nahrungssouveränität an (People's Caravan For Food Sovereignty). Die Karavane informiert in Ländern Südostasiens über die Gefahren dieser „Zukunftstechnologie“ und hat sehr großen Zulauf. Denn den Menschen dort ist ihre Abhängigkeit vom Boden, Saatgut und der Ernte noch existenziell bewusst; auf eine Missernte folgt direkt der Hunger. Oder auch der Selbstmord, wenn die Kredite nicht zurückgezahlt werden können, die für Gentechnik-Saatgut und passende Pestizide vermeintlich ertragreicherer Sorten aufgenommen wurden. In den letzten fünf Jahren haben 25.000 Kleinbauern aus diesem Grunde in Indien Selbstmord begangen (laut Afsar H. Jafri, Indien). Irene Fernandez berichtete von ihrem Besuch in China wo den Bauern der Anbau von Reis verboten wurde, damit sie Schnittblumen für den Export pflanzen. Brauchen wir dann Gentechnik um den Hunger in der Welt zu bewältigen?
Nahrungsouveränität bedeutet freien und selbstbestimmten Zugang zu Saatgut und Nahrungsproduktion. Unsere Nahrungsversorgung liegt in der Hand weniger großer Konzerne wie Monsanto, Nestlé, KraftFoods, Bayer CropScience, Pioneer Europe, Syngenta und BASF. Diese sind untereinander vielfältig vernetzt und kaufen stetig kleine Marken und Anbieter auf, bzw. bringen sie und unsere Kleinbauern durch ruinösen Wettbewerb zum Aufgeben. (Bsp.: Milchpreise/Aldi). Diese Konzerne bestimmen was wir essen, die Vielfalt ist nur ein Schein verschiedener Produktnamen. Wenn dieser Konzentrationsprozess den Süden auch noch erfolgreich überrollt, werden patentiertes Saatgut oder die Lieferung von Nahrungsmitteln zum Druckmittel von Politikern und Konzernen auf andere Staaten oder Bevölkerungsgruppen.
Der weltgrößte Agro-Gentechnikkonzern Monsanto, USA, war
mitverantwortlich für die Herstellung von Agent Orange im Vietnamkrieg,
ist also hilfreich und nutznießend in der Kriegsführung. So
einem Konzern sollen wir unsere Ernährung anvertrauen? Was versprach
sich diese Firma davon Millionen in den Bush-Wahlkampf zu stecken? Bush
sagte, Amerika solle die Welt ernähren, in o.g. Zusammenhang erscheint
diese Aussage nicht verheißungsvoll. Deutschland besitzt als das
Land mit den weltweit höchsten Agrarimporten und als viertgrößter
Agrarexporteur eine gewinnbringende Veredelungsindustrie. Wir leben also
in einem Land, das entscheidende Hebel der Macht im weltweiten Agrarmarkt
besitzt und damit auch weltweit bedeutend bei der Zulassung der Gentechnik
ist.
Der Alternativkongress wurde getragen und besucht von Gruppen der Entwicklungszusammenarbeit
und Umweltverbänden (s. Kasten). Um weiterem geostrategischem Vorgehen
unserer Konzerne und Regierungen zu begegnen wäre eine Beteiligung/Informiertheit
weiterer kritischer Gruppen wünschenswert. Mitglieder der Bürgerinitiative
für ein gentechnikfreies Schleswig-Holstein waren in Köln dabei
und können weitere Auskünfte geben.
(WF)