Montagsdemos landesweit:

Wie läuft es in Lübeck?

Außer in Kiel finden landesweit noch in Flensburg, Wedel, Itzehoe und Lübeck regelmäßige Montagsdemonstrationen statt. Über die Demos in der alten Hansestadt sprachen wir mit Christoph Kleine, der Sprecher von Avanti - Projekt undogmatische Linke ist und beim Lübecker Netzwerk Soziale Gerechtigkeit mitarbeitet.       (wop)

LinX: Auch in Lübeck wird jeden Montag gegen "Hartz IV" demonstriert. Wer trägt die Proteste?

Christoph Kleine (C.K.): In unserem Netzwerk arbeiten verschiedene Initiativen, Gewerkschaften und Einzelpersonen zusammen. Uns gab es schon vor den Montagsdemonstrationen, aber jetzt hat sich die Arbeit intensiviert.

LinX: Wie ist die Stimmung auf den Demos?

C.K.: Die Beteiligung an den Protesten hat uns positiv überrascht. Bei den größten Demos waren es 700 und am 13. September immer noch 300. Das hört sich vielleicht nicht nach viel an, aber für unsere Stadt ist das immer noch eine gute Beteiligung. Es sind viele Betroffene dabei, deutlich anders als bei anderen Demos. Die Menschen sind empört und sich einig, dass es nicht um Nachbesserungen, sondern nur um eine komplette Verhinderung der Hartz-Gesetze gehen kann.

LinX: Gelingt es, die Betroffenen in die Organisierung der Proteste einzubeziehen?

C.K.: Es nehmen Betroffene an den Treffen teil und bringen sich aktiv ein. Ob das von Dauer ist, wird man sehen, aber wir bemühen uns darum.

LinX: Die sogenannte Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), die lieber am 3. Oktober demonstrieren möchte, behauptet, in Lübeck hätten die Montagsdemonstranten für die Demonstration am "Tag der Einheit" gestimmt. Haben Sie davon etwas mitbekommen?

C.K.: Das ist folgendermaßen abgelaufen: Am 23. August, nach dem ersten Leipziger Treffen, hat ein Sprecher der MLPD von dieser Versammlung berichtet und etwas Ähnliches wie eine Abstimmung inszeniert. Das heißt, es wurde lediglich der 3. Oktober vorgestellt und nicht erwähnt, dass es einen Gegenvorschlag gab am 2. Oktober zu demonstrieren. Es gab dann eine müde Zustimmung, die aus meiner Sicht vor allem drauf beruhte, dass die Menschen fanden, eine zentrale Demonstration ist eine gute Idee.

Ansonsten ist sich das gesamte Netzwerk und auf den folgenden Demonstrationen die Mehrzahl der Teilnehmer einig, dass wir am 2. Oktober nach Berlin fahren, dass wir die nationalistischen und völkischen Untertöne in der MLPD-Propaganda ablehnen und daher eine Demonstration am "Tag der deutschen Einheit" überhaupt nicht in Frage kommt. Als wir in der Presseerklärung der MLPD gesehen haben, dass auch Lübeck unter den 41 Städten aufgeführt ist, die sich angeblich einstimmig oder mit überwältigender Mehrheit für den 3. Oktober ausgesprochen haben, herrschte hier ungläubiges Erstaunen und Empörung.
Ansonsten haben wir für den 2. Oktober bereits zwei Busse gechartert und schon letzte Woche mit dem Kartenverkauf begonnen, der sehr gut läuft.

LinX: Wie steht es mit landesweiten Aktionen in Schleswig-Holstein?

C.K.: Am 23. und 24. hält die SPD in Lübeck ihren Landesparteitag ab. Aus diesem Anlass wird es eine landesweite Demonstration geben, die wir gemeinsam mit den Bündnissen in den anderen Städten vorbereiten. Ansonsten finden wir die regionale Vernetzung sehr wichtig.

LinX: Werden Sie sich auch an der Herbstkampagne gegen Agenda 2010 und Hartz IV beteiligen, die am vergangenen Wochenende auf einer Aktionskonferenz in Frankfurt am Main beschlossen wurde?

C.K.: Vielleicht nicht unbedingt förmlich, aber wenn das Projekt Heißer Herbst heißt, dann sind wir natürlich dabei. Es geht für uns jetzt darum, mit Aktionen, Flugblättern, Infoständen und ähnlichem Präsenz in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Montagsdemos werden weiter gehen. Aber es müssen andere Aktionen hinzukommen und die Zusammenarbeit kontinuierlich gestaltet werden. Das Thema Sozialabbau hat nicht mit "Hartz IV" begonnen und wird nicht mit "Hartz IV" enden. Was wir im Augenblick sehen, sind ermutigende Anfänge einer neuen Bewegung und insofern sind wir bereit im Herbst noch einmal richtig loszulegen. Insbesondere wird Avanti sich am 6. November am antikapitalistischen Block auf der Demonstration vor der Bundesagentur für Arbeit beteiligen.