auf & davon

Am Montagmorgen des 13. September hat es auf dem Hamburger Flughafen in vielfältiger Form Proteste von ca. 30 Antirassistinnen gegen die von Hamburg koordinierte EU-Sammelabschiebung gegeben. Es wurden 17 afrikanische, überwiegend togoische, Flüchtlinge in Begleitung von ca. 70 BGS-Beamten und ihren Kollegen aus Belgien und der Schweiz per internationalem Charterflug nach Burkina Faso, Togo und Benin geflogen. Betroffen waren Flüchtlinge aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen , Mecklenburg-Vorpommern sowie aus Belgien und der Schweiz. Kostenpunkt 140.000 Euro, die auf die Länder aufgeteilt werden. Geplant werden Sammelabschiebungen von der EU, die das Ganze bezuschusst. Wie der niederländische Minister für Ausländerangelegenheiten und Integration, Verdonk, im Mai dieses Jahres mitteilte, hat die Europäische Kommission am 22. Januar dieses Jahres 30 Mio. EUR für "gemeinsame Abschiebungen im EU-Verbund" für die Jahre 2005 und 2006 bereit gestellt. Dieses Geld sei u.a. bestimmt für die logistische Vorbereitung von gemeinsamen Abschiebungen und für die Flüge selbst, so Verdonk. Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein hatte gefordert, die geplanten Sammelabschiebungen umgehend auszusetzen und den betroffenen afrikanischen Flüchtlingen ein Bleiberecht zu erteilen. In Togo laufen sie Gefahr, von dem seit über dreißig Jahren in dem westafrikanischen Land herrschenden Diktator G. Eyadema als Oppositionelle verfolgt zu werden. Ihnen drohen regelmäßig Inhaftierung, Misshandlung oder gar Folter. Weiterhin regt der Flüchtlingsrat an, die 30 Mio EU-Mittel statt für kostspielige Abschiebungen, besser für die nachhaltige Integration der Flüchtlinge und die Beseitigung der Fluchtursachen in ihren Herkunftsländern zu verwenden. Auch ein Arzt war mit von der Abschiebungspartie, der damit gegen die Beschlusslage des Deutschen Ärztetages vom 21. Mai d.J. in Bremen verstieß, der die ärztliche Kollaboration bei Flugabschiebungen ablehnt. Hintergrund der neuen Abschiebetaktik der Behörden ist der wachsende Widerstand, der Ausländer- und Justizbehörden aus den Reihen des Flugpersonals entgegenweht. Beinahe regelmäßig müssen mittlerweile Abschiebungen erfolglos abgebrochen werden, nachdem die Betroffenen Panik oder Gegenwehr zeigten und die jeweiligen Pilotinnen sich daraufhin aus Sicherheitsgründen weigerten, die Flüchtlinge gegen deren Willen zu transportieren. Gleich mehrere Airlines weigerten sich nach öffentlichen Protesten zwischenzeitlich sogar gänzlich Deportationsflüge durchzuführen.

Anlässlich des Weltkindertages am 20. September hat Terre des Hommes eingefordert, dass die Haager Konvention Grundlage für die Praxis der Adoptionsvermittlung ausländischer Kinder nach Deutschland sein muss. Die mühsam erkämpften Standards dürften nicht durch Privatadoptionen in Eigenregie unterlaufen werden. Die Mehrheit von Auslandsadoptionen erfolgt aus Ländern, die das Haager Übereinkommen nicht ratifiziert haben wie z.B. Russland. Per einstweiliger Verfügung hatte übrigens im Vorfeld das Landgericht Hamburg Terre des Hommes untersagt, Stellung zur Adoption durch das Ehepaar Schröder aus Hannover zu nehmen.

Mehrere hundert Teilnehmerinnen der Anti-Lager-Tour reisten durch Norddeutschland, um gegen Abschiebeknäste und Ausreiselager zu protestieren. Insgesamt beteiligten sich zwar weniger Menschen als erwartet, die Anzahl der Flüchtlinge an den Aktionen war jedoch bemerkenswert hoch. Dies ist angesichts der besonderen Schwierigkeiten für Flüchtlinge wie der Residenzpflicht und auch anderer Faktoren wie Zugang zu Email und Fahrtkosten sehr erfreulich. Vor Ort, insbesondere in Bramsche stieß die Aktion auf großes Medieninteresse.

Die UN-Kinderrechtskonvention ist vor mehr als 14 Jahren in Kraft getreten. In Deutschland besitzt die UN-Kinderrechtskonvention aufgrund einer Vorbehaltserklärung keine uneingeschränkte Gültigkeit. Bereits drei Mal wurde die Bundesregierung vom Parlament in den Jahren 1999 und 2001 sowie zuletzt 2002 vom Petitionsausschuss des Bundestages ausdrücklich aufgefordert, die Erklärung zurückzunehmen. Angeblich ist eine Rücknahme ohne Zustimmung der Bundesländer nicht möglich, was aber sogar vom Bundesaußenminister Fischer angezweifelt wird. Die djo-Deutsche Jugend in Europa hat jetzt anlässlich des 50. Weltkindertages Schröder aufgefordert den Bund-Länder-Streit vom Bundesverfassungsgericht klären zu lassen in der Hoffnung, dass die Bundesregierung die Vorbehaltserklärung ohne die Bundesländer vornehmen kann und dann auch macht. Nach diesem Vorbehalt könne keine Bestimmung dieser Konvention dahin ausgelegt werden, "dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränkt, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen". Dies wird von den Behörden so interpretiert, dass bei jungen Flüchtlingen das Asyl- und Ausländerrecht Vorrang hat vor dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) und anderen Gesetzen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen.

In den Industriestaaten ist die Zahl der Asylbewerber-Anträge weiter zurückgegangen. Das zeigt die aktuelle Statistik des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) für das erste Halbjahr 2004. Sie untersucht die Situation in 25 europäischen und fünf außereuropäischen Ländern. Rund 180.700 stellten Menschen einen Antrag auf Asyl - 22 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Und das hat mehrere Gründe - erklärt Andreas Kirchoff, UNHCR-Sprecher in Berlin. Zum einen sind die weltweiten Zahlen an Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen leicht zurückgegangen von rund 20 Millionen auf etwa 17 Millionen: "Das hat mit der starken Rückkehrbewegung nach Afghanistan zu tun, wobei man sagen muss, dass die Lage da noch nicht völlig entspannt ist. Es hat mit der Entwicklung auf dem Balkan zu tun - und entsprechend entwickeln sich die Asylbewerberzahlen. Auf der anderen Seite kann man sagen, dass es natürlich vor allem von Seiten der westeuropäischen Staaten eine restriktive Asylpolitik gibt, die sich auf den Zugang zu den Asylsystemen auswirkt. Oder die Menschen zu der Entscheidung bringt, gar nicht erst um Asyl nachzusuchen, sondern gleich in der Illegalität zu leben." Die meisten Asylbewerber kamen übrigens aus der Russischen Föderation, vor allem aus Tschetschenien. Gefolgt von Serbien-Montenegro, China, der Türkei und Indien. Unterdessen hat sich die Krise in Darfur nicht auf die Asylsituation in den Industrie-Nationen ausgewirkt. Hintergrund: Die vielen Flüchtinge schaffen es gerade mal in die Nachbarländer.

Im Tropenparadies Malediven wird nach Einschätzung des EU-Parlaments gefoltert. Die Abgeordneten riefen am 16. September wegen schwerer Menschenrechtsverstöße Touristen auf, dem Inselarchipel fernzubleiben. Die EU-Regierungen sollten entschiedene Warnungen wegen der Menschenrechtssituation im Land aussprechen.

(gho)