Befreiung von Auschwitz vor 60 Jahren:

Der 27. Januar und die VVN-BdA

Das Jahr 2005 ist reich an antifaschistischen Gedenktagen. Der erste und einer der bedeutendsten ist der 27. Januar: An diesem Tag vor 60 Jahren wurde das faschistische Vernichtungslager Auschwitz von Einheiten der Roten Armee befreit.

Für die Kieler AntifaschistInnen steht dieser Tag im Zeichen des Nazi-Aufmarsches, der zwei Tage später stattfinden soll. Und sicher ist die beste Ehrung der Toten wie der Überlebenden von Auschwitz und aller KämpferInnen gegen den Faschismus, die uns vorangegangen sind, den leider immer noch notwendigen Kampf gegen den heutigen Faschismus in ihrem Sinne zu führen. Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln bleibt unsere Losung.

Die bedeutendste antifaschistische Organisation im Bundesgebiet ist immer noch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/ Bund der AntifaschistInnen. Der folgende Beitrag ist ihrer Zeitung „antifa“ entnommen.

Als Bundespräsident Roman Herzog 1999 den Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die sowjetische Armee zum nationalen Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus erklärte, war die Skepsis in antifaschistischen Kreisen nicht zu übersehen. Sollte auf diese Weise das Gedenken allein auf die jüdischen Opfer der Vernichtungspolitik fokussiert werden? Sollte hiermit der 8. Mai als Gedenktag für die Befreiung von Faschismus und Krieg verdrängt werden? Sollte mit einem solchen "staatlich verordneten" Gedenktag nicht vielmehr dem Ausland eine Bereitschaft zum angemessenen Umgang mit der geschichtlichen Erinnerung dargestellt werden?

In einer umfangreichen Stellungnahme formulierten wir als VVN-BdA Anforderungen, damit dieser Gedenktag zu einer historisch angemessenen Erinnerung beitragen könnte: Der 27. Januar 1945 müsse im Kontext mit dem 30. Januar 1933 verstanden werden, die Taten, die Täter und die Nutznießer der Verbrechen dürfen nicht vergessen werden, die Breite von Widerstand und Verfolgung müsse deutlich werden, der Befreiungsanteil der Alliierten, unter ihnen die Sowjetunion, müsse Teil des öffentlichen Erinnerns werden, der 8. Mai 1945 dürfe nicht in seiner Bedeutung als Jahrestag der Befreiung entwertet werden.

Nach fünf Jahren der politischen Praxis können wir festhalten, dass sich der 27. Januar im gesellschaftlichen Raum als Gedenktag etabliert hat, an dem nicht allein der jüdischen Verfolgten gedacht wird. Neben den offiziellen Kreisen haben verschiedene antifaschistische Initiativen, Geschichtswerkstätten, gesellschaftliche Kräfte, unter ihnen die VVN-BdA-Basis- und Kreisvereinigungen gezeigt, wie dieser Tag genutzt werden kann, um mit Aktionen in der Öffentlichkeit oder mit Veranstaltungen aller Verfolgten des Naziregimes zu gedenken, die Etablierung und Realität faschistischer Herrschaft zu dokumentieren und an diejenigen, die sich dem Faschismus entgegengestellt haben, zu erinnern. Dies ist eine würdige Form des Umgangs mit diesem "staatlich verordneten" Gedenktag.

Ulrich Schneider, Bundessprecher der VVN-BdA