Nazistand am 12.6.04 in Gaarden:

Prozesse gegen Antifaschisten

Im Rahmen des Europawahlkampfes bauten ca. 12 –15 Nazis aus den Reihen der NPD am 12.06. vergangenen Jahres einen Büchertisch vor dem Sky- Markt am Vinetaplatz auf.

Der Stadtteil verarmt immer schneller, alteingesessene Geschäfte müssen unter der Konkurrenz mit der Innenstadt aufgeben. Die städtische Vertreibungspolitik drängt Drogenhandel und Konsumenten vom Sophienhof nach Gaarden. Die Polizeilichen Maßnahmen sind hier in der Regel arroganter und gewalttätiger, Razzien und willkürliche Ausweiskontrollen auf offener Straße häufiger als anderswo. Die hohe Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Perspektivlosigkeit der Stadtviertelbevölkerung schaffen schon von Grund auf eine angespanntere Stimmung im Viertel. Von daher war der Auftritt der Nazis eine ungeheure Provokation.
Es war ein Samstag, auf dem Vinetaplatz war Markt, viele Menschen auf der Straße. Die Nazis hatten unter anderem ein Stellschild dabei, auf dem eine, mit Gepäck beladene Frau von hinten zu sehen war, was mit der Aufschrift: „Gute Heimreise“ kommentiert war.

Das Progrom von Rostock-Lichtenhagen und die Morde von Mölln und Solingen haben sich tief in das Gedächtnis der Menschen auch in diesem Stadtteil eingegraben. So blieb es nicht aus, dass aus ersten spontanen Unmutsäußerungen einzelner schnell ein massenhafter Versuch wurde, die Nazis zu vertreiben. Es sammelten sich im Verlauf der Mittagsstunden über 150 größtenteils türkische, kurdische und deutsche Antifaschistinnen, die den NPD Stand belagerten und die Nazis beschimpften. Immer wieder flog vor allem Obst über die, die Nazis schützende Polizei hinweg in Richtung Stand. Damit hatte diese, die schon in den Tagen vorher die Nazis in der Innenstadt massiv beschützten, nicht gerechnet. Sie verlor die Übersicht und verhielt sich völlig unkoordiniert. Während sie den Nazis gestattete, die Menge mit Reden, Holzlattenschwingen und Plakat hochhalten zu provozieren; verloren Einzeltäter aus ihren Reihen offensichtlich den Kopf und starteten isolierte Gewaltaktionen gegen die Standbelagernden. Hierbei wurden Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt. Die Wut der Leute richtete sich, außer gegen die Nazis nun auch gegen die Polizei, die so chaotisch und willkürlich agierte. Es gelang der Staatsgewalt schließlich, – und auch dies nur mit Problemen- die Nazis und ihren Büchertisch im Streifenwagen in Sicherheit zu bringen.

In diesem Zusammenhang gibt es jetzt vor dem Kieler Amtsgericht zwei Prozesse wegen „Landfriedensbruch“ und „Körperverletzung“ gegen zwei Antifaschisten. Einer wurde am 12.6. vorübergehend festgenommen, einen anderen meinte man vier Tage später auf der Straße wieder zu erkennen. Der erste Prozess findet am 03.02.05 um 11 Uhr im Saal 5, des Amtsgerichtes, Deliusstr.22, statt. Wir fordern euch alle auf, euch solidarisch mit den Angeklagten zu verhalten.

Rote Hilfe, Ortsgruppe Kiel