Dem braunen Spuk entgegentreten
Im Jahr 2000 wurde auf Initiative der Vertrauensleute der IG Metall
in Kiel der „Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus“ ins Leben gerufen.
Nahezu alle Kieler Gewerkschaften (von denen die meisten inzwischen in
der ver.di aufgegangen sind) entsandten Delegierte in dieses Bündnis.
Mit der „Kieler Erklärung“ gab es sich eine politische Plattform,
die Bestand hat. Die Zahl der TeilnehmerInnen am Runden Tisch ist zurückgegangen,
nachdem der „Aufstand der Anständigen“ weitgehend verpufft war. Aber
er hat immer weiter bestanden, und das hat sich in Vorbereitung der Demonstration
am 29.01. ausgezahlt: teilweise nahmen mehr als 60 Personen an den Treffen
teil. Ihnen war die Kieler Erklärung eine Richtschnur für die
Verständigung auf gemeinsames Handeln.Der Runde Tisch wird sich nach
der Demonstration – von eventuellen zeitnahen zusätzlichen Treffen
abgesehen – weiterhin an jedem vierten Dienstag im Monat um 18.30 Uhr im
„Legienhof“ des Kieler Gewerkschaftshauses treffen.
Einstein
Für manche ist das Jahr 2005 auch das „Einstein-Jahr“. Gleich zwei
runde Daten werden genannt: 100 Jahre „E=mc²“, und: 50. Todestag am
18. April.
“Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben - nicht
wegen der Menschen die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die
danebenstehen und sie gewähren lassen.” Lassen wir also die DanebensteherInnen
und WegguckerInnen nicht in Frieden. Und: Verwandeln wir unseren Zorn in
Energie ...
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Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir untenstehend nochmals die Kieler Erklärung.
Kieler Erklärung gegen Rassismus und Faschismus
Am Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus in Kiel ist Platz für
alle, die fremdenfeindliche, rechtsextremistische und rassistische Äußerungen
und Gewalttaten, antisemitische Anschläge und menschenverachtende
Hetze, Terror und Mordtaten der Faschisten nicht länger dulden wollen.
Wir laden alle demokratisch gesinnten Menschen - gleich welcher Herkunft,
Religion, Weltanschauung oder Parteizugehörigkeit - ein, mit uns am
Runden Tisch Platz zu nehmen.
Der Runde Tisch soll eine dauerhafte Einrichtung werden.
Die Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus
und Rassismus ist eine zentrale Aufgabe unserer Gesellschaft. Um ihr gerecht
zu werden, ist eine ständige Aufklärung über die Umtriebe
und die Ideologie der Nazis sowie ihre gesellschaftlichen Wurzeln erforderlich.
Daran wollen wir arbeiten.
Offener und organisierter Neofaschismus ist die eine Seite der Medaille.
Die andere: Rassistische Erklärungsmuster und Orientierungen entstehen
in der Mitte der Gesellschaft. Sie sind kein Randproblem, nicht jugendspezifisch
und nicht regional einzugrenzen. Sie werden gefördert durch gesellschaftliche
Verhältnisse, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit bis zur
Vernichtung des Konkurrenten erfordern, Ungleichheit und Abbau sozialer
Errungenschaften als Fortschrittsmotor rechtfertigen und damit Entsolidarisierung
und Ausgrenzungsbereitschaft notwendig hervorbringen.
Wir stellen uns gegen eine Ausländer- und Asylpolitik, die Menschen
nach ihrer Nützlichkeit für die Wirtschaft beurteilt und ihnen
die Gleichberechtigung vorenthält. Wir brauchen eine humane Flüchtlings-
und MigrantInnenpolitik. Die Beschneidungen des verfassungsmäßig
verankerten Asylrechts müssen zurückgenommen werden. Das Asylrecht
muss weiter gestärkt werden. Menschenrechte müssen ungeteilt
sein. Ein notwendiger Schritt dahin: Menschen ausländischer Herkunft,
die längere Zeit in Deutschland leben, und allen, die hier geboren
werden, muss die doppelte Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht zuerkannt
werden.
Solidarisches Verhalten und Zivilcourage bis hin zu zivilem Ungehorsam
tun not. Nicht zuletzt, wo Mitmenschen von Nazis angegriffen werden, wo
wir selbst Faschisten gegenüberstehen, wo wir etwa im Beruf gezwungen
werden sollen, an Herstellung und Verbreitung rassistischer und faschistischer
Machwerke mitzuwirken. In diesem Sinne sind alle Bürgerinnen und Bürger,
auch die politischen VerantwortungsträgerInnen, aufgefordert, „Gesicht
zu zeigen“. Nur so kann sich eine demokratische Gesellschaft behaupten
und weiterentwickeln, die Demokratisierung von Staat und Wirtschaft vorangetrieben
und damit gleichzeitig auf allen Ebenen den Faschisten der Nährboden
entzogen werden.
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Leisten wir Widerstand gegen Neonazis, rechte Skinheads und alle neofaschistischen Organisationen und Parteien!
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.“ (Aus dem Schwur der Häftlinge und Freiheitskämpfer des Konzentrationslagers Buchenwald, 19. April 1945)
Wir setzen uns ein für:
- Das Verbot und die vollständige Auflösung der NPD und aller anderen faschistischen Organisationen gemäß Artikel 139 Grundgesetz.
- Die Unterbindung jeglicher Nazi-Aktivitäten auf Straßen und in öffentlichen Einrichtungen.
- Die Verweigerung von Plakatflächen für Nazi-Werbung.
- Die Unterstützung aller Menschen, die eine Mitwirkung an Herstellung und Verbreitung rassistischen und faschistischen Gedankenguts verweigern.
- Eine Auseinandersetzung in Betrieben, Schulen, Hochschulen , Jugendclubs usw., die auf der Grundlage kompromißloser Ablehnung rassistischer und faschistischer Ansichten und entsprechenden Verhaltens alle Möglichkeiten zu Aufklärung und Überzeugung nutzt. Dabei ist vorrangig der Zusammenschluß von bedrohten Menschen und AntifaschistInnen zu gemeinsamem Handeln zu fördern. In diese Arbeit sollen überlebende GegnerInnen des Hitlerfaschismus und Mitglieder antifaschistischer Organisationen einbezogen werden.
- Die Förderung antifaschistischer Basis-Initiativen auch mit öffentlichen Mitteln.
- Die Diskussion über alternative Gesellschaftsmodelle, in denen Faschismus keine Chance hat.
- Die Zurückweisung aller Versuche, im Namen des „Kampfes gegen
den Rechtsextremismus“ allgemeine demokratische Rechte einzuschränken.