Verdi-Diskussionsveranstaltung zu den Landtagswahlen

Parteien überschwemmen ver.di mit neoliberalem Geschwätz

Ver.di hatte am 11. Januar 2005 die SPD, GRÜNE, CDU und FDP eingeladen um deren Standpunkte zu den Themen Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit anzuhören und mit den Gewerkschaftern zu diskutieren. Allesamt Parteien, die die menschenverachtenden Arbeitsmarktreformen befürworten. Nicht eingeladen waren die Parteien zur Landtagswahl, die die Hartz IV-Gesetze ablehnen und ver.di-Positionen unterstützen, wie SSW, DKP und PDS. Das war ein großer Mangel, denn der Podiumsvertreter von verdi Jens Mahler war mit der Kritik an der Arbeitsmarktreform recht schwach. Entsprechend empört waren die Diskussionsbeiträge aus dem Publikum über die Vorschläge, die die bürgerlichen Parteien den anwesenden Gewerkschaftsvertretern zu bieten hatten.

Rolf Fischer von der SPD warb vor allem für weitere Wirtschaftsförderung im „maritimen und medizintechnischen Bereich“ (die im wesentlichen bekanntlich in der Rüstungsproduktion und der Gentechnik verschwindet) und wies Verantwortung für Arbeitsplatzabbau von sich, denn das seien globale Entscheidungen. Die Politik könne keine Arbeitsplätze sichern, aber welche schaffen. Ob damit 1-Euro-Jobs gemeint waren und wie durch die Arbeitsmarktreform Arbeitsplätze entstehen können wurde nicht verraten.

Der FDP-Vertreter Heiner Garg zeigte sich als „Wirtschaftsexperte“ ziemlich arrogant, forderte emotionsloses Zuhören und prahlte mit angeblicher Fachkompetenz („MEW Band 25“ gemeint war Marx-Engels-Werke, Das Kapital). Die FDP würde mit dem Combi-Lohn Modell in S-H 50.000 Arbeitslose von der Straße kriegen und warb für eine Verkürzung der Ausbildung durch geringere Abschlussqualifikationen, womit wohl eine Lohnsenkung durch Minderqualifikation und schnellere Überführung in den Arbeitsmarkt gemeint ist. Ansonsten sei eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit nötig, sonst könne wegen des Bevölkerungsschwundes die Zukunft nicht gesichert werden.

Der Grünen-Vertreter Lutz Oschmann setzte sich für Existenzgründungen und Technologieförderung ein, sprach von der Senkung der Lohnnebenkosten und von der Notwendigkeit der Mehrwertsteuererhöhung. 1-Euro-Jobs als Brücke in den Arbeitsmarkt nach Qualifikationsmaßnahmen seinen vernünftig und empfahl den Gewerkschaftern gleichfalls den Combilohn. Bei Lutz waren das aber nur noch 10.000 zusätzliche Jobs. Ansonsten wurde auf die Schaffung von Arbeitsplätzen durch die „erneuerbaren Energien“, Offshore-Windkrafttechnik und „Wellnesscenter“ gesetzt.

Die CDU mit Thomas Stritzl wollte nicht hintdran stehen, forderte mehr „bezahlbare Arbeit“, d.h. niedrigere Löhne. „In betrieblichen Bündnissen“ solle künftig flexibler auf die Auftragslagen in den Firmen reagiert werden. Auch er machte sich für die Combilöhne stark, gegen die es ja bei den doch so gut verdienenden Beschäftigten immer noch keine Bereitschaft gäbe. Die Hauptursache der Arbeitslosigkeit fand die CDU in der verlorenen Spitzenposition der deutschen Wirtschaft in der Hochtechnologie, wie z.B. durch den Abbau der Atomenergietechnik. Die Wirtschaft würde wegen zu teurer Infrastruktur abwandern und die Wettbewerbsfähigkeit, Ertragslage und Profitrate der Wirtschaft sei zu schlecht. Diese müsse vor allem im Gesundheitsbereich und in der Gentechnik ausgebaut werden. Für die Konkurrenzfähigkeit müssten aber die Sozialstandards gesenkt werden und er wetterte noch gegen die Einheitsschule (womit der die Gesamtschule meinte), vermutlich, weil das dreigliedrige Schulsystem konstengünstiger ist und besser nach den Anforderungen der Industrie aussiebt und die Jugend schneller und billiger in die Produktion schleudert.

Der verdi-Vertreter auf dem Podium trat demgegenüber für Qualifizierungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose in kommunalen Beschäftigungsgesellschaften ein und bemängelte deren Schließung in Kiel und Lübeck vor dem Hintergrund der Hartz-Gesetze. Er fand die Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe gut, weil das die rechtliche Bedingung verbessere eine Qualifizierung für Arbeitslose zu verlangen. Aber die Regierung habe kein Geld dafür eingeplant und stattdessen 70 Prozent Ausbildungspersonal abgebaut. Er verlangte daher eine Korrektur von Hartz IV.

Die Forderungen von ver.di gegenüber Hartz IV und Agenda 2010 wurden gegenüber den Parteienvertretern leider nicht vertreten.Aus dem Publikum gab es Empörung angesichts der Flut von reaktionären und neoliberalen Verlautbarungen der Parteienvertreter. So wurde zumindest die dringend nötige Arbeitszeitverkürzung gefordert und die Besteuerung der Vermögen der Reichen und der Konzerne und es wurde die Senkung der Spitzensteuersätze angegriffen.
Auch die Senkung der Lohnnebenkosten die ja allein auf der Seite der Wirtschaft geplant ist wurde abgelehnt und darauf verwiesen, dass es sich um Lohnbestandteile handelt. Keine Anwort hatte die Gewerkschaft auf die Combilöhne, die bei allen Parteien als Allheilmittel gepriesen wurden. Hierzu gibt es inhaltlich dringenden Nachholbedarf.

        (uws)