Ratsversammlung 17. Februar:

Beschluss zum Flughafenausbau?

Über 1.200 Teilnehmer hatte Kiels größte Einwohnerversammlung am 24. Januar zum Thema Flughafenausbau. Stellungnahmen gab es von der Fa. Obermeyer, die für die Stadt Kiel und die Flughafengesellschaft ein weiteres Gutachten erstellt hat und über die finanziellen Auswirkungen berichtete und von der Bürgervereinigung gegen die Startbahnverlängerung, die über die Folgen für die Stadt Kiel und mit weitergehenden Zahlen referierte (siehe beiliegende Stellungnahme der Bürgervereinigung durch Werner Eggemann zur Ausbauplanung).

Des Weiteren gab es Beiträge der IHK und von der Kieler Oberbürgermeisterin sowie lebhafte Diskussionsbeiträge von BürgerInnen aus Kiel und aus den Umlandgemeinden. Letztere waren zahlreich vertreten, hatten aber kein Stimmrecht. Die Stimmung war sehr aufgeladen und Ausbaugegner waren in der absoluten Mehrheit. Eine Fraktion speziell von der IHK, der Flughafengesellschaft und der Jungen Union mobilisierter Ausbaubefürworter (ca. 200) hatte sich mit eigenen provokativen Abstimmungsschildern mit der Aufschrift "Lüge" und Transparenten ausstatten lassen.

Die abschließende Abstimmung über den weitestgehenden Antrag, die Stadt aufzufordern, das Vorhaben der Startbahnverlängerung zu stoppen und keine weiteren Gutachten zu bestellen, wurde mit klarer Mehrheit befürwortet.

Die Oberbürgermeisterin Frau Volquartz erklärte, dass sie die finanziellen Risiken zur Kenntnis nimmt und sich aber mit einer Entscheidung nicht festlegen will. Der Stadtpräsident hatte schon vorab erklärt, dass die Entscheidungen der Einwohnerversammlung für die Ratsversammlung nicht bindend sei und den BürgerInnen eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie zwar diskutieren dürfen, aber nichts zu entscheiden haben.

Der IHK-Vertreter hatte in der Diskussion noch versucht, die Stadt zu bestechen, denn er bot 100.000 Euro Unterstützung, wenn die Stadt in die 640.000 Euro teuere Planungsphase II einsteigt. Dazu gab es ziemliches Gelächter, denn an den Gesamtkosten des Ausbaus beteiligen sich Kieler Unternehmen überhaupt nicht. Sie verlangen aber von der Stadt Kiel einen ausgebauten zukunftsfähigen Flughafen, der ihre Wettbewerbsbedingungen verbessern soll. Tatsächlich wird der Flugplatz von den Kieler Unternehmen selbst kaum noch genutzt, so dass immer mehr Linien eingestellt werden und die Stadt sogar eine Linie mit 700.000 Euro sponsert, damit sie überhaupt noch fliegen.

Nach der Einwohnerversammlung hat die Kieler Wirtschaft alles dazu getan, dass die KN ihr Sprachrohr wird und so finden sich dann von der Stadt gut finanziell ausgestattete Hafenwirtschaftler berufen, die besten Argumente für die Startbahnverlängerung zu liefern. Der Kieler Zukunftsmarkt, die Kreuzschifffahrer, würden über kurz oder lang ausbleiben, wenn die Stadt nicht endlich, wie Lübeck, in den Flughafen investiert und die Landebahn verlängert.
Das Ziel ist klar. Auch Kiel soll für Charterflüge ausgebaut werden, damit der Flughafen Gewinn abwirft. Und wenn die Stadt dann an der Finanzierung (wie bereits in Lübeck geschehen) vollends Pleite gegangen ist, soll der Flughafen privatisiert werden. Die Politiker, die den Ausbau entschieden haben, sind dann über alle Berge (wie z.B. Gansel und Rethage, die sich ja bereits jetzt schon aus der Verantwortung geflüchtet haben). Für die Stadt bleibt nur noch der Verkauf der restlichen Immobilien, Verkauf der Abwasserversorgung und vielleicht dann doch das Städtische Krankenhaus und noch weiterer Sozialabbau.
Die Kieler CDU-Fraktion hat jetzt erklärt, dass sie trotz der Ablehnung der Einwohnerversammlung an dem Flughafenausbau festhält und somit gibt es mit der SPD eine Ratsmehrheit für den Ausbau.

Dass die Koalition der CDU mit den GRÜNEN an dieser Frage irgendwann scheitern würde, war vorauszusehen. Und um nicht völlig ihre Wähler zu verlieren, müssen die GRÜNEN eine "Kooperationskrise" erklären. Aber vorher waren sie williges Instrument im Stadtrat um die gesamten Sozialkürzungen und Privatisierungen mit der CDU zusammen durchzuziehen. Büchereien, Schwimmhallen, Strände, Kultur, Volkshochschule und massive Personalsparmaßnahmen werden um 30 Prozent gekürzt und alles in "Eigenverantwortung der Bürger" privatisiert, wo es nur möglich ist und nicht auf zu viel Protest stößt.
Die SPD als scheinbare Vertreterin der Arbeiter und Beschäftigten erscheint dabei in der Opposition in bürgerfreundlichem Schein, indem sie den berechtigten Protest der BürgerInnen gegen diesen Sozialabbau ausnutzt und gleichzeitig in der Praxis zusammen mit IHK und Unternehmerverbänden vorbehaltlos alle Prestigeprojekte wie Hafenausbau, Science Center und Flughafenausbau unterstützt. Und dies, obwohl die Verschuldung der Stadt mit 422 Mio. einen Höchststand erreicht hat und Ende 2005 bei mind. 483 Mio. sein wird. Ihre Argumentation ist obwohl sehr dumm auch sehr verbreitet: Staatliche Investitionen schaffen angeblich Arbeitsplätze. Das Glanzbeispiel ist HDW, wo mit Mrd. Subventionen aus Steuergeldern bessere Gewinnraten gemacht wurden und schließlich alles an Großkonzerne und Global Player verkauft wurde. Übrig bleiben Entlassungen, Lohnopfer und Konzentration auf die Rüstungsproduktion. Von "Sicherung von Arbeitsplätzen" wird immer geredet, wenn den Unternehmen mal wieder viel Geld in den Rachen gesteckt werden soll bzw. ihnen aus Steuermitteln zugeschanzt werden soll. Kiel ist da vorbildlich in der Schaffung einer guten und kostenlosen Infrastruktur für die Wirtschaft und konkurriert stark mit Lübeck.
Das genaue Gegenteil wäre nötig. Das Geld für Ausbau von Flughafen und Hafenerweiterung wäre nützlicher z.B. im einem Öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif und im Erhalt der Stadtbüchereien, des Volkshochschulangebots und der Schwimmbäder und Kultureinrichtungen zum Allgemeinwohl und in der Aus- und Fortbildung für Arbeitslose zu verwenden.

Am 17. Februar will die Ratsversammlung eine Vorentscheidung zum Flughafenausbau treffen. Wir werden sehen, für welche Politik und Interessen die herrschenden Parteien stehen. Wählt sie nicht! -

(uws)