Wahlen in Dänemark:

Zwiespältiges beim Nachbarn

Am 8. Februar wurde bei unserem nördlichen Nachbarn das Parlament, der Folketing, neu gewählt. Die schlechte Nachricht zuerst: Leider ist es nicht gelungen, den Rechtsblock aus Rechtsliberalen (Venstre), Konservativen und der rassistischen Dänischen Volkspartei (für die Rechtspopulisten sitzt jetzt der wegen Rassismus zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren verurteilte Morten Messerschmidt im dänischen Folketing) abzuwählen. Zwar gab es Verschiebungen im bürgerlichen Lager (von den überraschenderweise die linksliberale Radikale Venstre (Auf Deutsch: "Radikale Linke") profitierte, die auf "weiche" Themen, wie Bürgerrechte setzte). Den Sozialdemokraten ist es jedoch nicht gelungen, sich als wirkliche Alternative darzustellen. Auch wenn sie im Wahlkampf behauptete, sie sei die Partei der Solidarität und der sozialen Gerechtigkeit, so haben viele DänInnen nicht vergessen, dass es die Sozialdemokratie war, die den neoliberalen "Reformen" in den 90ern den Weg ebnete.

Sie verlor massiv und reibt sich jetzt in einem Streit darüber auf, wer nächster Vorsitzender sein soll. Alle KandidatInnen sind sich im Grundsatz darüber einig, dass "Reformen" nötig sind, es wird höchstens um die Art der Vermittlung gegenüber den BürgerInnen gestritten.

Eine Niederlage erleiden musste auch die Sozialistische Volkspartei, die v.a. wegen ihrer pro-EU-Haltung Stimmen und ein Mandat verlor. Ihr Vorsitzender trat daraufhin zurück.

Hervorragend war das Ergebnis jedoch für die sozialistische Einheitsliste (Enhedslisten/De Rød-Grønne), die sich von vier auf sechs Mandate steigern konnte, während des Wahlkampfes über 500 Mitglieder (v.a. junge) gewinnen konnte, und die damit die Früchte ihrer jahrelangen Arbeit gegen die EU der Banken und Konzerne, gegen Sozialabbau und für Solidarität und Gerechtigkeit ernten konnte. Einer der "Newcomer" für die Einheitsliste im Folketing ist der 28-jährige Rune Lund, der sich vor allem für globale Gerechtigkeit und die Bevorteilung der multinationalen Konzerne durch die Regierung einsetzen wird. (sg)

Die Einheitsliste entstand 1989 als ein Bündnis verschiedener kommunistischer und sozialistischer Parteien, die Mehrzahl ihrer inzwischen etwas über 3000 Mitglieder, gehört allerdings keiner der Gründerparteien an. Wir sprachen mit Pernille Rosenkrantz-Theil, die dem Folketing bereits in der vorigen Wahlperiode angehörte und nun wiedergewählt wurde. (wop)
 
 
Pernille Rosenkrantz-Theil

LinX: Nach den dänischen Parlamentswahlen werden die Rechtsliberalen (Venstre) ihre Regierung mit Unterstützung der rassistischen Volkspartei fortsetzen. Warum waren sie nicht aufzuhalten?

Pernille Rosenkrantz-Theil: Einer der Gründe ist, dass die Sozialdemokraten der Bevölkerung nicht klar machen konnten, was ihre Alternativen sind, welchen Weg die Gesellschaft nehmen sollte und was die Zukunft für den Wohlfahrtsstaat ist.

LinX: Haben die Sozialdemokraten denn Alternativen zum Neoliberalismus zu bieten?

P. R.-T.: Nun, sie müssten sich einmal hinsetzen und überlegen, was sie wollen. Es gibt in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei verschiedene Flügel. Einer davon wäre sicherlich bereit, weiter in Richtung Neoliberalismus zu gehen, und befürwortet eine Politik vergleichbar mit der des britischen Premierministers Tony Blair. Auf der anderen Seite gibt es einen eher linken, traditionellen Flügel. So lange die beiden Lager sich nicht einigen können, welche Richtung die Partei nehmen soll, werden sie nicht in der Lage sein, die Regierung wieder zu übernehmen.

LinX: Was ist die Rolle der Einheitsliste in dieser Auseinandersetzung? Ihnen kann es doch nicht wirklich darum gehen, die Sozialdemokraten zurück an die Macht zu bringen, die ebenfalls für eine ganze Reihe sozialer Einschnitte verantwortlich waren.

P. R.-T.: Wir würden eine sozialdemokratische Regierung den Rechten vorziehen, aber natürlich haben wir etwas gegen die neoliberalen Tendenzen in der Arbeiterpartei. Aber so oder so braucht es mehr Druck der sozialen Bewegungen auf die Regierung, um deren unsoziale und fremdenfeindliche Politik aufzuhalten. Wir sehen unsere Aufgabe darin, diesen Bewegungen mit unser Parlamentsfraktion zu helfen.

LinX: Welche Rolle hat der Irak-Krieg im Wahlkampf gespielt? Gibt es eine öffentliche Diskussion über die dänischen Truppen im Irak?

P. R.-T.: Die Wähler hat diese Frage durchaus bewegt. Auf allen Veranstaltungen, die ich im Wahlkampf besucht habe, wurde das Thema angeschnitten. Aber die Medien haben es nicht richtig aufgegriffen, und dadurch hat die Frage bei vielen Wählern offensichtlich keine große Rolle gespielt, als es um die Wahlentscheidung ging. Andererseits waren die sozialen Bewegungen nicht stark genug, die Frage auf die Tagesordnung zu setzen.

LinX: Aber immerhin ist das Wahlergebnis von 3,4 Prozent für die Einheitsliste – das beste in der 16jährigen Parteigeschichte – ein beachtlicher Erfolg.

P. R.-T.: Unbedingt. Wir stellen jetzt sechs statt vier Abgeordnete, und in den Wochen vor der Wahl gab es mehrere hundert Neueintritte in unsere Partei. Unser Stimmenzuwachs von rund 35 Prozent zeigt, denke ich, dass unsere Wähler eine konsequentere Opposition wollen. Besonders die jungen Wähler sind radikaler geworden. Meinungsumfragen zeigen, dass wir in dieser Gruppe zwölf Prozent der Stimmen bekommen haben.

LinX: In Dänemark wird es eine Volksstimmung über die EU-Verfassung geben. Wann?

P. R.-T.: Der Zeitpunkt ist noch offen. Wir wissen noch nicht einmal, ob das Referendum noch in diesem Jahr stattfindet. Aber auf jeden Fall hat die Frage für uns schon jetzt eine hohe Priorität.
Wir sind natürlich gegen die Annahme. Es gibt zwar noch kein fertiges Kampagnenkonzept der Einheitsliste, aber zwei Punkte werden sicherlich im Mittelpunkt stehen: Das neoliberale Programm, dass mit der Verfassung formuliert wird, und die Militarisierung der EU.

LinX: Gibt es über die Verfassung in Dänemark eine öffentliche Debatte?

P. R.-T.: Im Augenblick ist den Menschen noch nicht besonders bewusst, was auf sie zukommt. Aber das ändert sich gewöhnlich, wenn ein Referendum angekündigt wird. Dann informieren sich die Leute und es entsteht eine öffentliche Debatte.