CDU-Ausfälle gegen den SSW:

Nationalismus pur

Einer der vielen guten Aspekte an diesem ganz speziellen Wahlergebnis ist, dass einige CDUler im Nachhinein noch einmal aller deutlichst gezeigt haben, was uns erspart blieb. Man kann nur hoffen, dass die nationalistischen Schmähungen aus der konservativen Ecke, dem einen oder anderen die Augen geöffnet haben.

Besonders hervorgetan hat sich ein Hesse, einer der ansonsten geübt darin ist, auf dem Rücken der Migranten rassistische Wahlkampfkampagnen durchzuführen: Roland Koch. „Dass es den Südschleswigschen Wählerverband gibt, ist Zeichen des Respekts vor einer nationalen Minderheit“, tönt er Ende Februar in der Bild am Sonntag. „Ich kann die SSW-Spitzenkandidatin Spoorendonk nur davor warnen, diese Sonderstellung zu missbrauchen und sich zum Schiedsrichter der Politik in Schleswig-Holstein aufzuschwingen. Frau Spoorendonk steht es nicht zu, Wahlverlierer zu Wahlsiegern zu machen. Ich fordere den SSW auf, sich im Landtag bei der Wahl des Ministerpräsidenten neutral zu verhalten. Alles andere würde nicht nur im hohen Norden auf Unverständnis und Ablehnung stoßen.“

Aber das ist nur ein Teil des Liedes. Koch hat hier im Lande keinen Mangel an Nachahmern. Zum Beispiel ist da der Flensburger CDU-Bundestagsabgeordnete, der – wohlgemerkt als Mitglied des Beratenden Ausschusses für Fragen der dänischen Minderheit beim Bundesinnenministerium – mal eben die dänische Minderheit zu Ausländern erklärt: „Die Forderung der Verhandlungsführer des SSW, das Schulsystem zum Maßstab ihrer Duldung zu machen, ist eine unangemessene Einmischung in die inneren Angelegenheiten Schleswig-Holsteins.“ Es kommt noch besser: „Wir Deutsche, wir Schleswig-Holsteiner, wir Lauenburger haben unsere eigene Lebensart, die wir nicht einfach, nur weil eine denkbar kleine dänisch orientierte Minderheit es möchte, über Bord werfen werden“, zitiert die Lauenburgische Landeszeitung vom 23. Februar den stellvertretenden Kreischef der dortigen CDU, Norbert Brackmann. Der Mann befürchtet, der eigenen Muttersprache nur bedingt mächtig, dass „unsere schleswig-holsteinische Identität und Kultur bis hin zur Veränderung unseres ganzen Schulsystems durch Schaffung einer Einheitsschule in Richtung Dänemark grundlegend“ verändert wird.

Die Botschaft kommt beim CDU-Fußvolk an: Tagelang wurde die SSW-Beschäftigten im Flensburger Büro am Telefon mit wüsten Beschimpfungen überschüttet. Die Leserbriefspalten der Zeitungen an der Westküste, so ist zu hören, sind voll Hetze gegen die dänische Minderheit. Zum Repertoire dieser gehören offensichtlich auch Morddrohungen, wie Anke Spoorendonk berichtet.

Man kann davon ausgehen, dass Roland Koch diesen braunen Bodensatz ganz bewusst aufwirbelt. In der Vergangenheit hat er oft genug bewiesen, dass er skrupellos genug ist, Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufzuhetzen, wenn es denn dem eigenen Machterwerb oder -erhalt dient. Und im gleichen BamS-Interview erklärt er uns indirekt, womit er mit seinen wüsten Attacken abzulenken gedenkt: „Die Arbeitsmarktreform Hartz IV ist nur ein erster Schritt. Deutschland braucht ein umfassendes Programm für Beschäftigung. Dazu gehört eine deutliche Flexibilisierung des Kündigungsschutzes. Nur wenn es in den ersten zwei oder drei Jahren bei Neueinstellungen keinen Kündigungsschutz gibt, werden Unternehmen wieder den Mut haben, Arbeitsplätze zu schaffen. Wichtig wird auch sein, Privathaushalte zu Arbeitgebern zu machen.“ Im Klartext: Das Verarmungsprogramm reicht noch nicht, Heuern und Feuern muss flächendeckend möglich werden und das soziale Niveau der unteren Klassen so weit gedrückt werden, dass das obere Drittel wieder billige Dienstmädchen findet. Das ist des Takt des nationalistischen Marsches, der uns geblasen wird.

Passend dazu stand das Koch-Interview unter der Überschrift, „Deutschland braucht mehr Vaterlandsliebe!“, womit einmal mehr gesagt wäre, wofür dieses „Vaterland“ vor allem gut ist: Uns das Fell über die Ohren zu ziehen.

(wop)