Wie weiter mit dem Protest gegen Hartz IV & Co.?

Gegenwehr die einzige Antwort

Bernd Riexinger ist Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Stuttgart und arbeitet im Netzwerk der Gewerkschaftslinken sowie beim bundesweiten Bündnis gegen Sozialkahlschlag mit, jenem Zusammenschluss von Initiativen und Verbänden, der im November 2003 die erste große Demonstration gegen Sozialabbau organisiert hatte.(wop)

LinX: Auch der DGB hatte zum europäischen Aktionstag am 19. März aufgerufen, aber sein Aufruf verschwieg, dass der Aktionstag auch einer gegen den Krieg war. Gelingt es an der Gewerkschaftsbasis besser, die Kämpfe gegen Sozialabbau und Krieg zu verbinden?

Bernd Riexinger (B.R.): Für die Basis kann ich nicht sprechen. Aber hier in Stuttgart sind wir uns bewusst, dass der Kampf gegen die EU-Verfassung zwei Schwerpunkte hat: Zum einen die Militarisierung der Union, zum anderen das neoliberale Wirtschaftsmodell, die beide in der Verfassung festgeschrieben werden. In diesen Fragen hat der DGB keinen klaren Standpunkt und daher verwundert der Aufruf nicht besonders. An der Basis herrscht allerdings größere Skepsis gegenüber der Verfassung. Der DGB hat eine sehr positive Haltung gegenüber der europäischen Integration. Das gilt auch für ver.di. Ich meine hingegen, dass man deutlich machen muss, dass dieses Europa, im wesentlichen ein Europa des Kapitals ist. Natürlich bewegt man sich auf einem schmalen Grat. Man muss darauf achten, dass die Ablehnung dieser Tendenzen in der EU nicht in eine rückwärts gewandte, nationalistische Position abgleitet.

LinX: Die große Koalition startet zur Frühjahrsoffensive: Neue Steuergeschenke an die Unternehmer, weitere Kürzungen bei den sozialen Sicherungssystemen und Lohnraub stehen auf dem Programm. dass der DGB darauf keine Antwort weiß ist nichts Neues, aber auch Gewerkschaftslinke und andere soziale Bewegungen, die die großen Proteste der letzten eineinhalb Jahre getragen haben, scheinen sich einen verlängerten Winterschlaf zu gönnen.

B.R.: Das sehe ich nicht so. Wir haben uns Anfang Februar in Frankfurt vom Bündnis gegen Sozialkahlschlag getroffen, um über die Stoßrichtung neuer Aktionen zu sprechen. Demnächst wird es ein Diskussionspapier mit unseren Vorschlägen geben. Die Gewerkschaftslinke ist Teil dieses Bündnisses und hat eine klare Position. Aber man kann eine Massenbewegung nicht durch einen einfachen Willensakt herbeizaubern. Ich denke wir müssen für politische Klarheit sorgen, Aufklärungsarbeit betreiben, und dann kommt auch die politische Mobilisierung wieder in Gang.

LinX: Aber man muss auch Aktionen planen.

B.R.: Natürlich, aber die müssen gründlich vorbereitet werden.

LinX: Was schlägt das Bündnisses gegen Soziallkahlschlag vor?

B.R.: Wir haben einige inhaltliche Punkte benannt, die wir für zentral halten: Erstens,den Kampf für einen gesetzlichen Mindestlohn, um der Erosion der Löhne und Gehälter etwas entgegen zu setzen. Zweitens muss natürlich “Hartz IV” weg. Drittens müssen wir die Verteilungsfrage in den Vordergrund stellen, besonders im Zusammenhang mit der Steuerpolitik. Viertens: Privatisierungen stellen die andere Seite des Sozialabbaus dar, und deshalb müssen die Kämpfe gegen Privatisierungen und gegen Sozialabbau miteinander verbunden werden. Fünftens: Die Frage des Angriffs auf die Tarifverträge und insbesondere die Ausweitung der Arbeitszeit.Diese fünf Punkte sind unserer Meinung nach dazu geeignet, die verschiedenen Kräfte der sozialen Bewegungen zusammenzubringen. Die Aufgabe der Gewerkschaftslinken wird dabei sein, in den Gewerkschaften Front für diese Positionen zu machen und die Herumeierei des DGBs zu bekämpfen. Wir hoffen mit diesem Papier eine bundesweite Diskussion anzustoßen und dann auf dem Deutschen Sozialforum im Juli in Erfurt zu einer konkreten Aktionsplanung zu kommen.

LinX: Wieso war vom Bündnis gegen Sozialkahlschlag niemand beim bundesweiten Koordinierungstreffen der Montagsdemonstranten? Wird es nicht langsam Zeit, diese beiden Kreise zusammenzubringen?

B.R.: Das ist wirklich höchste Zeit. Ich weiß auch nicht, weshalb das so kompliziert ist, aber da gibt es wohl auf beiden Seiten Versäumnisse.

LinX: Die Bundestagsparteien sind gerade dabei, neue Angriffe vorzubereiten. Ist es da nicht etwas spät, im Juli über einen Aktionsplan zu diskutieren?

B.R.: Absolut. Am 2. April trifft sich der Arbeitsausschuss der Gewerkschaftslinken und da  müssen wir insbesondere darüber sprechen, was wir schon vorher in den Gewerkschaften machen können. Die Gewerkschaftslinke muss unbedingt ein Signal setzen, dass konsequente Gegenwehr die einzige Antwort ist.
 
 
2. bundesweite Treffen der ver.di Linken in Bielefeld im bunten Haus am  16. und 17. April. Anmeldung am 16.4.um 12 Uhr,Beginn 13 Uhr,Ende am 17.4., 12 Uhr 30

Top 1: Gewerkschaften in der Bundesrepublik - Anpassung an die von Politik und Kapital vorgegebenen Bedingungen (Tolerierung der Politik des Sozialabbaus,Vereinbarungen bei Siemens, Daimler, VW, Opel und Karstadt,Tarifabschluss im ÖD)

Top 2: Erfahrungen der Zusammenarbeit von sozialer Bewegung und gewerkschaftlichen Strukturen  im letzten Jahr.

Top 3: Wie hat sich seit dem 1. Treffen die ver.di Linke entwickelt. Wo steht sie in der Gesamtorganisation

Top4: Verabredungen. Wofür wollen wir in ver.di eintreten.