IG Metall:

Perspektive gesucht

Nicht gerade gut besucht war die diesjährige Vertreterversammlung der Kieler IG Metall am 17. März. Von 108 gewählten Delegierten waren nur 68 erschienen. Erstaunlich angesichts der laufenden Angriffe auf Flächentarifvertrag und Lebenslage der Lohnabhängigen. Erstaunlich auch angesichts der Angriffe, die in den Kieler Metallbetrieben laufen.

So berichteten Kollegen von Vossloh Locomotives von der gerade durchgestanden Auseinandersetzung (siehe Artikel auf Seite 3). Ihnen sie nicht zum Jubeln zu mute, aber es sei ein guter Kampfe gewesen: „Kämpfen lohnt sich, es lohnt sich aufzustehen, um der Fantasie der Unternehmer Grenzen zu setzen.“ Ein Tag nach der Vertreterversammlung und eine Woche nach dem die Vereinbarung mit der IG Metall unterzeichnet worden war, war der KN zu entnehmen, dass Vossloh auch in diesem Jahr wieder eine Dividende von 1,30 Euro pro Aktie ausschütten wird. Der Konzern hatte 2004 einen Gewinn von 57 Millionen Euro gemacht, mehr als im Vorjahr.

Überhaupt scheint das der neue Trend zu sein: Man jammert gar nicht mehr über tatsächliche oder vermeintliche Verluste, sondern verlangt schlicht und ungeniert mehr Gewinn. So auch bei Heidelberger, wo deutschlandweit eine Mehrarbeit von 2,5 Stunden pro Woche, die Ausweitung der Arbeitszeitkonten und Streichung der Schichtzulagen gefordert werden. Andernfalls, so die Drohung des Vorstandes, würden Arbeitsplätze ins Ausland verlagert oder Aufträge an Fremdfirmen vergeben. Dabei, so ein Kollege von Heidelberger, gehe es dem Konzern ganz passabel. Gut genug zumindest, dass er Dividenden ausschütten kann. Die verschiedenen deutschen Heidelberger-Betriebe haben eine gemeinsame Tarifkommission gebildete, die nun die Verhandlungen führen muss. Auch die Kieler IG Metall-Mitglieder bei Heidelberger haben einen Vertreter für die Kommission gewählt.

Noch schlimmer sieht es im Handwerk aus. In diesem und im nächsten Jahr werde sich zeigen, ob dort die Flächentarifverträge Bestand haben, so ein Kollege auf der Versammlung. Im KfZ-Handwerk laufen gerade Tarifverhandlungen. Die Unternehmer wollen eine unbezahlte Verlängerung der Wochenarbeitszeit und die Kürzung des Urlaubs.

Doch wie mit diesen Angriffen umgehen? Klar war auf der Vertreterversammlung für die meisten Redner, dass die Beteiligung und Information der Belegschaft in diesen Auseinandersetzungen eine zentrale Rolle spielt. Und auch, dass man offen über die verschiedenen Optionen spricht. Man dürfe den Kollegen nichts vormachen, hieß es von verschiedenen Rednern, vor allem dürfe man nicht Niederlagen als Erfolge verkaufen. Vertreter des Ortsjugendausschusses kritisierten auch, dass in der Vergangenheit oft Abschlüsse zum Nachteil der Jüngeren abgeschlossen würden. Damit verbaue sich die IG Metall ihre Zukunft. Die Belange der Auszubildenden müssten wieder mehr in die Tarifverhandlungen einfließen. Insbesondere brauche es stärkere Übernahmeregelungen, eine Sicherung der Ausbildungsqualität und eine existenzsichernde Ausbildungsvergütung.

In verschiedenen Diskussionbeiträgen wurde der Zusammenhang mit den Angriffen auf Rente, Kranken- und Arbeistlosenversicherung hergestellt. Die IG Metall müsse politischer werden und sich auch um die Lebensbedingungen der Abhängigbeschäftigten kümmern. Nur dann habe sie eine Zukunft. Allerdings blieb man an dieser Stelle recht allgemein. Das Bündnis gegen Sozialabbau und Lohnraub, an dem die IG Metall nicht beteiligt ist, wurde mit keinem Wort erwähnt; ebensowenig der europäische Aktionstag, der zwei Tage später stattfand.

(wop)