Kommentar:

Und nun?

Tja, irgendwie dumm gelaufen. Viermal probiert, viermal nicht geklappt. 34 zu 34. Offensichtlich wollte einer der SPD-Landtagsabgeordneten eine große Koalition erzwingen. Das wars dann mit Deutschlands einziger Ministerpräsidentin. Die hat zwar auch bloß Politik wie ein Mann gemacht, sozialdemokratische Politik halt, das heißt das Elend der öffentlichen Kassen verwaltet, hier und da ein wenig privatisiert, die verschiedenen deutschen Angriffskriege der letzten Jahre offensiv verteidigt und im öffentlichen Dienst versucht, die Löhne und Gehälter zu drücken, wo es nur ging. Das Dilemma ist jedoch, dass es in Schleswig-Holstein auch noch viel schlimmer geht: Der Chef der hiesigen Freidemokraten – ein Neoliberaler, wie er im Buche steht – war einst Ideenlieferant und wohl auch gelegentlicher Redenschreiber Jürgen Möllemanns, und bei der Christdemokratie legte zuletzt der Frust des knapp verfehlten Wahlsieges die deutsch-nationalen Wurzeln bloß. Bei mehr als einem CDUler blätterter der demokratische Lack, entlud sich blanker Hass auf die Partei der dänischen und friesischen Minderheiten, den SSW. Diese Wahl war unter anderem ein Lehrstück darüber, wie tief verwurzelt dumpfer Nationalismus im konservativen Milieu ist. Man kann sich also unschwer vorstellen, welch reaktionärer Mief droht, sollte es demnächst zu Neuwahlen kommen. Deren Sieger wäre nämlich mit ziemlicher Sicherheit die CDU, die von der meist zum Springer-Konzern gehörenden Monopolpresse des Landes in den letzten Wochen zum Opfer einer an ihrem Sessel klebenden Ministerpräsidentin stilisiert wurde.
So oder so aber auf jeden Fall eine schallende Ohrfeige nicht nur für die Ministerpräsidentin, sondern für ihre Partei, deren Niedergang damit beschleunigt sein dürfte. Darüber muss man natürlich nicht unbedingt traurig sein. Traurig ist nur, dass auf der Linken keine Alternative in Sicht ist, dass in der öffentlichen Wahrnehmung die stockreaktionäre CDU, die hierzulande einst fast ausschließlich von Ex-Nazis aufgebaut wurde, die einzige Alternative scheint. Eigentlich sind politische Krisen wie die derzeitige die besten Zeiten, um Druck auf die Regierenden zu machen, um für die Interessen der Abhängigbeschäftigten Pflöcke einzuschlagen. Doch um die hiesigen sozialen Bewegungen und Gewerkschaften in die Lage zu versetzen, dass sie das auch tatsächlich können, müssen wohl noch viele dicke Bretter gebohrt werden.

 (wop)