Forderung an zukünftige Koalitionäre:

Schnell und unbürokratisch entscheiden

Das Bündnis „Bleiberecht Schleswig-Holstein“ nimmt die Koalitionsbverhandlungen von SPD und CDU zum Anlass, sich mit einem offenen Brief an die Verhandlungsparteien zu wenden, in dem eine unbürokratische und humane Lösung für die vielen seit Jahren in großer Unsicherheit im Lande lebenden Flüchtlinge gefordert wird. Im Bündnis sind  unter anderem die Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein e.V., der Caritasverband, das Diakonische Werk, die GEW sowie zahlreiche Vereine und Flüchtlingsorganisationen aus dem ganzen Land vertreten. Wir dokumentieren im Folgenden den offenen Brief.

Schleswig-Holstein soll auch in Zukunft ein offenes und gastfreundliches Land bleiben. Ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Ihre Integration ist nicht nur Notwendigkeit, sondern politische Chance und Ziel unseres politischen Handelns.” (Eckwertekonzept der CDU)
„Schleswig-Holstein ist ein weltoffenes und tolerantes Land. Zuwanderung ist eine Bereicherung der Gesellschaft. Integration heißt, dass für alle hier Lebenden die in der Verfassung und in den Gesetzen festgelegten Rechte und Pflichten die verbindende Grundlage sind, auf der verschiedene Lebensentwürfe verwirklicht werden können.“ (SPD Regierungsprogramm 2005-2010)

Das Bleiberechtsbündnis Schleswig-Holstein, eine Arbeitsgemeinschaft, u.a. getragen von Gewerkschafts- und KirchenvertreterInnen, Wohlfahrtsverbänden und Migrationsfachstellen, begrüßt die o.g. Aussagen als flüchtlings- und migrationspolitische Grundlage für die künftige Regierungspolitik in Schleswig-Holstein ausdrücklich.
 
 

Für die Gruppe der MigrantInnen, für deren Integration es in der Vergangenheit hingegen keine politischen Mehrheiten gab, – nämlich diejenigen, die bis dato ohne einen gesicherten Aufenthalt bei uns leben –, hofft das Bleiberechtsbündnis Schleswig-Holstein, dass die künftige Landesregierung mit der dem Lösungsbedarf angemessenen Differenziertheit und unaufgeregter Gelassenheit sich dieses Themas annimmt.

Den schätzungsweise 4.000 langjährig Geduldeten in Schleswig-Holstein kann redlicherweise nicht pauschal vorgeworfen werden, sie hätten sich „durchzumogeln versucht“.

Die Zahl derjenigen Flüchtlinge, die als Asylneuanträge statistisch erfasst werden, geht seit Jahren zurück: Im ersten Quartal 2004 gab es einen Rückgang der bundesweit gestellten Anträge um 30 Prozent. In Schleswig-Holstein beantragten in diesem Zeitraum lediglich 256 Personen Asyl. Unter diesen veränderten quantitativen Rahmenbedingungen wäre eine Verbesserung der Verwaltungspraxis hinsichtlich Unterbringung, Gesundheitssorge, Arbeits- und Erwerbstätigkeit der Flüchtlinge mit keinen zusätzlichen materiellen Aufwendungen verbunden. Im Gegenteil: Eine Entbürokratisierung würde in vielen Fällen zu Kosteneinsparungen der Kommunen und Kreise führen und gleichzeitig einhergehen mit einer psychosozialen Entlastung der Betroffenen.

Die im Werden begriffene große Koalition hat sich Pragmatismus, Sparsamkeit und Entbürokratisierung auf die Fahne geschrieben. Im Bereich der Zielgruppe der Bleiberechtskampagne könnte eine pragmatische Herangehensweise im Sinne einer Altfallregelung für langjährig Geduldete, wie sie auch bundesweit von Nichtregierungsorganisationen und zunehmend auch von VertreterInnen der Politik gefordert wird, für die Gerichte und Sozialkassen eine spürbare Entlastung bieten.
Die in Schleswig-Holstein gerade neu konstituierte Härtefallkommission bietet eine sehr zu begrüßende Ergänzung des Aufenthaltsrechts unter dem neuen Zuwanderungsgesetz. Die im Bündnis Bleiberecht Schleswig-Holstein vertretenen Organisationen appellieren an die Koalitionäre, den Bestand dieser wichtigen Institution Härtefallkommission weiterhin zu sichern.
 
 

Gleichwohl erinnert Das Bleiberechtsbündnis daran, dass die große Zahl der langjährig Geduldeten auf ein strukturelles Defizit des Ausländerrechts zurückzuführen ist und nicht durch eine Kommission, die sich besonderer Härten im Einzelfall annimmt, aufgefangen werden sollte. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen durchaus erfolgreiche Verhandlungen!
 
 

In Schleswig-Holstein leben Flüchtlinge teilweise über viele Jahre hinweg in einem rechtlich unsicheren und sozial unzumutbaren Zustand. Das Asylverfahren zieht sich in die Länge oder nach einer Ablehnung des Asylantrags liegen Gründe vor, warum eine Abschiebung nicht möglich ist.Das Bündnis "Bleiberecht Schleswig-Holstein" fordert daher eine unbürokratische und großzügige Bleiberechtsregelung und eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe

• für Alleinstehende, die seit fünf Jahren in Deutschland leben;

• für Familien mit Kindern, die seit drei Jahren in Deutschland leben;

• für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die seit zwei Jahren in Deutschland leben;

• für Traumatisierte;

• für Opfer rassistischer Angriffe.

Zu einem gesicherten Aufenthaltsrecht gehören: Ein unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt, das Recht auf Familiennachzug, das Recht auf Freizügigkeit und Wohnung, Anspruch auf Kinder- und Erziehungsgeld und im Bedarfsfall auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz sowie auf Maßnahmen der Arbeits-, Sprach- und Ausbildungsförderung.