100 Tage Demütigung durch Hartz IV:

Kiel baut auf Ein-Euro-Jobs

Hartz IV macht den Arbeitslosen Beine", solche und ähnliche Titel hatte die Presse zu bieten und half mit, ein Klima zu schaffen, die Arbeiter und Beschäftigten unter Druck zu setzen, dass sie ihre Arbeitkraft billiger verkaufen. Hartz IV sollte Arbeitsplätze schaffen und um das "faule Fleisch", wie ja namhafte Politiker meinten, wieder in die Produktion zu kriegen. Die Wirklichkeit aber sieht anders aus. Die Arbeitslosenzahlen steigen weiter. In Kiel stieg die Zahl der Arbeitslosen im letzten Jahr um 22 Prozent. Im März 2004 waren es noch 15.937. Jetzt sind es 19.445. Damit beträgt die Arbeitlosenquote in Kiel 16,5 Prozent. Dem stehen nur ca. 2.000 offene Stellen gegenüber. Es gibt trotzdem eine starke Bewegung auf dem Arbeitsmarkt und es ist wahrscheinlich, dass diese für ständiges Senken des Lohnniveaus genutzt wird. Darüber gibt es aber keine Zahlen.

Was viele schon vorher wussten: Hartz IV schafft keine Arbeitsplätze, sondern soll nur den Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen verstärken und Erwerbslose demütigen. Dass der Anteil der über 50jährigen Arbeitslosen bei 22 Prozent stagniert, war auch vorherzusehen.
 

Die Arbeitloseninitiative Kiel in der Iltisstr. 34 ist betroffen von den städtischen Kürzungsmaßnahmen und soll geschlossen werden. Eine unabhängige Beratung von Arbeitslosen wird dann nicht mehr möglich sein. Auf der Diskussions- veranstaltung am 25. Mai in der Pumpe zum Thema "Hartz IV wie weiter..." ist neben der Autorin Gabriele Gillen auch der Verteter der Arbeitsloseninitiative Wolfram Otto eingeladen.

Die Hartz-Gesetze führen zu einer planmäßigen Verelendung des ärmsten Teils der Bevölkerung.

In der Arbeitsagentur Regionaldirektion Nord sind 231.000 Arbeitslosenhilfeempfänger und 267.000 Sozialhilfeempfänger auf Hartz IV zusammengeführt und damit sind rund 500.000 Menschen unter finanzieller Datenkontrolle der Arbeitsagentur. Nach der Zusammenlegung sind nun auch die kommunalen Beschäftigten aus der Sozialhilfe mit in der Arbeitsgemeinschaft ARGE zwischen der Stadt Kiel und dem Arbeitsamt integriert.

Wenn die Arbeitsagentur die Anfangsschwierigkeiten und die derzeitigen Umstrukturierungen hinter sich hat, um ihre "Dienstleistungsqualität und Vermittlung" zu verbessern, werden wohl auch genauere Prüfungen der Hilfeempfänger stattfinden.

- Ob das Geld überhaupt zum Leben reicht steht gar nicht mehr zur Debatte.

- Für viele kann ein Umzug fällig werden, weil die Wohnung zu teuer ist.

- Der Zwang jede zumutbare Arbeit anzunehmen beschleunigt die Lohndrückerei.

- Das Angebot der 1-Euro-Jobs nimmt weiter zu und es ist nur eine Frage der Zeit, wann diese auch von privaten Agenturen angeboten werden.

- Wenn nach 12-monatiger Arbeitslosigkeit dann Hartz IV-fällig wird, müssen erstmal die Ersparnisse verbraucht werden, auch wenn sie nur knapp über der Bemessungsgrenze liegen. Wer mit Auto oder Eigentumswohnung bei Zinszahlungen von der Bank abhängig ist, darf alles mit Verlust verkaufen. Vielleicht haben sich die Erschaffer der Hartz-Gesetze ja auch erhofft, dass die letzten Ersparnisse der Arbeiter die Wirtschaft kurzfristig die Wirtschaft beleben.

- Fort- und Weiterbildung gibt es fast gar nicht mehr, weil dafür erst Geld bewilligt wird, wenn mit 70%iger Sicherheit ein Beschäftigungsverhältnis zu erwarten ist.
 
 

Bei der Schaffung von Ein-Euro-Jobs liegt Schleswig-Holstein nach Angaben der Arbeitsagentur Nord "weit über dem Bundesdurchschnitt". Landesweit seien 2.731 Ein-Euro-Jobs registriert, davon 986 mit Personen unter 25 Jahren. In diesen sog. "Arbeitsgelegenheiten", die angeblich bislang nur "zusätzlich und gemeinnützig" sind, werden Stundenlöhne "zwischen 80 Cent und zwei Euro" gezahlt. Tätig seien die Arbeitslosen zum Beispiel "im Recycling, in Kleiderkammern, gemeinnützigen Küchen, als Helfer bei den Tafeln, als Helfer für Hausmeister, bei der Gartenarbeit oder beim Transport und dem Aufarbeiten von alten Möbeln". Das es sich hierbei um "zusätzliche" Arbeiten handeln soll, ist äußerst zweifelhaft. Wo früher Geld für Ausbildungsmaßnahmen da war, wird jetzt auf gezielte berufliche Befähigung verzichtet und den "gemeinnützigen" Anbietern die Zwangsjobs bezuschusst.

In Kiel gibt es bereits 400 Ein-Euro-Jobs, vor allem im Bereich von "Stadtteil-Aktivitäten mit Säuberungs- und Verschönerungsaktionen". In der Verwaltung und Arbeitsagentur wird über "sinnvolle Beschäftigungen" für Ein-Euro-Jobs nachgedacht. Das Angebot ist schließlich groß und wer sich dagegen wehrt, dem kann auch noch die karge Unterstützung gestrichen werden. Also treibt es langsam aber sicher immer häßlichere Blüten:

Ab dem 25. April werden Ein-Euro-Jobber Kiels ersten Fahrradparkplatz am ZOB bewachen. Preisgünstige Kinderbetreuung und Verleih von Sonnenschirmen, Liegen und Spielzeug für die Sonnenbader in Falkenstein hat sich das Kieler Job-Center, das unter Leitung von Michael Stremlau für die Betreuung der Arbeitslosengeld II-Bezieher zuständig ist, ausgedacht. Die DLRG soll Träger des Projektes sein. Weitere 1.200 Ein-Euro-Jobs sollen möglicherweise bis zum Sommer geschaffen werden, wie z.B. "Handreichungen im Haushalt für alte Menschen, Schulspeisung für Kinder oder Begleitung auf gefährlichen Schulabschnitten". Die Kieler Stadtverwaltung hat sich im Zusammenhang mit dem Falkensteiner Strand als willkommene Einnahmequelle über Parkplatzgebühren auch gleich überlegt, dass diese "Servicefunktionen" von Ein-Euro-Jobbern übernommen werden können. Auf die im Rahmen der Privatisierung der Strände diskutierte Strandgebühr soll (vorerst) verzichtet werden, aber dafür sollen saftige Parkgebühren von 50 Cent pro Stunde erhoben werden, was jährliche Einnahmen von 400.000 Euro in die Stadtkasse bringen soll. Auch in den Sportverbänden wurde schon über die Schaffung von Ein-Euro-Jobs diskutiert.

Das Ausufern der Ein-Euro-Jobs muss schnellsten beendet werden, denn es ist die kontrollierte Schaffung von Zwangsarbeitsverhältnissen für die Ärmsten der Gesellschaft.

Die Vernichtung von regulären Arbeitsplätzen ist da eher von zweitrangiger Bedeutung.

Über die Auswirkungen von Hartz IV will das Kieler Bündnis gegen Sozialabbau und Lohnraub auf einer Diskussionveranstaltung Bilanz ziehen. Es soll beraten werden, wie einer weiteren Umverteilung von unten nach oben begegnet werden kann.

Eingeladen ist u.a. die Autorin Gabriele Gillen, die Anfang des Jahres ihr entlarvendes Buch "Hartz IV - eine Abrechnung" bei Rowohlt herausgegeben hat und daraus lesen wird. Schonungslos nimmt sich die Autorin das Armutsprogramm Hartz IV vor. Sie versucht das Verdummungskartell der Massenmedien aufzubrechen und enthüllt, wer von Hartz IV profitiert. Gabrielle Gillen rechnet mit allen ab, die in dem großen Kartell zur "Zurichtung der Menschen auf die Bedürfnisse der Wirtschaft" mitwirken.

Die Veranstaltung findet statt am Mittwoch, den 25. Mai um 19 Uhr in der Galerie der Pumpe (Haßstraße, Kiel). (Quellen: KN v. 1.4, 6.4, NDR4-Info v. 7.4. 100 Tage Hartz IV)

(uws)