Von Opfern und Tätern
Ich war neunzehn
Ende des Zweiten Weltkriegs marschiert der ausgewanderte Sohn deutscher
Eltern mit sowjetischen Truppen nach Berlin; dramatische, tragische und
anrührende Ereignisse zuhauf begleiten die letzten Schlachten. Der
Film zügelt seinen Zorn auf die Nazi-Kriegsmaschinerie zugunsten der
realistischen Wahrnehmung von Opfern und Tätern gleichermaßen;
ein wichtiges Zeitzeugnis. - Das Ich im Titel ist ganz persönlich
gemeint: Die Familie des Schriftstellers Friedrich Wolf emigrierte 1934
nach Moskau, als ihr Sohn acht Jahre alt war. Im Frühjahr 1945 - nachdem
er als Leutnant der Roten Armee den Krieg erlebt hat: das zerstörte
Kiew, Majdanek unmittelbar nach der Befreiung, das brennende Warschau -
gehörte er zu einer Lautsprechergruppe. Die Front verlief an der Oder.
Der 19jährige Konrad Wolf hat Tagebuch geführt. Zwanzig Jahre
später werden diese Aufzeichnungen zur Grundlage für den Film
"Ich war neunzehn". Das Tagebuch bestimmt die Struktur des Films: Episoden,
Begebenheiten zwischen dem 16. April und dem 3. Mai 1945. Sie werden im
Film mit Angabe des Datums und Informationen zu Ort, Situation und Auftrag
ausgewiesen. Der thematische Bogen des Films ist mit zwei Begriffen zu
umreißen: Heimkehr in der Fremde.
Konrad Wolf. DDR 1969. 112 Min. s/w. Mit Jaecki Schwarz, Wassili Liwanow,
Alexei Ejboshenko, Calina Polskich. 10. Mai, 20.30 Uhr
Die Befreiung Berlins
Das Filmteam der sowjetischen Armee begleitete die erste belorussische
und ukrainische Front von dem Brückenkopf bei Küstrin an der
Oder, wo die Großoffensive am 16. April 1945 begann, bis zur Eroberung
des Reichstags. Rajsman und Nikolai Schpikowski, der Regisseur der Frontaufnahmen,
hatten von der Armee Ausnahmegenehmigungen, die ein direktes Arbeiten an
der Front ermöglichten. Der Film lebt von der Präzision, mit
der die Offensive in den verschiedenen Phasen gezeigt wird: die Einweisung
der LKW´s und Geschütze in ihre Stellungen, der Bau provisorischer
Brücken über die Oder, Besprechungen des Generalstabs der Armee.
Aber auch die vom Krieg gezeichnete Sowjetunion, das brennende Stalingrad
und der Rückzug der deutschen Wehrmacht vor der Roten Armee sind Teil
des Films, ebenso wie Material aus den deutschen Wochenschauen. Raisman
zeigt die Stadt nach den Kämpfen in Schutt und Asche und die Not der
Zivilbevölkerung. Mehr als 100 000 sowjetische Soldaten haben bei
der Schlacht um Berlin ihr Leben gelassen, 5000 sind in Berlin selbst gefallen.
Ihnen zum Gedenken wurde das Ehrenmal in Treptow errichtet, das Ende des
Jahres 1989 mit nationalsozialistischen, rechtsradikalen Parolen beschmiert
worden ist.
Juli Raisman. UdSSR 1945/1967. 55 Min. Kameragruppen der 1. belorussischen
und der 1. ukrainischen Front, 23. Mai, 20.30 Uhr
Der gewöhnliche Faschismus
Der Dokumentarfilm gilt als Meilenstein in der Filmpublizistik. Romm versucht die Wurzeln des Faschismus und dessen verhängnisvollen Einfluss auf die menschliche Psyche zu analysieren. Die Voraussetzungen, Entstehung und Erscheinungsformen des deutschen Faschismus werden gezeigt. Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen zu dem Thema sagt Romm u.a. eine Analyse über die Vorgeschichte des Krieges. Wer ebnete Hitler den Weg? Welche Parteien und Hintermänner koalierten mit ihm? Romms These ist außerdem, dass die Ursprünge des Nationalsozialismus im Alltag vorfindlich waren und evtl. noch sind. Dieser ist Film ist kein gewöhnliche Geschichtsstunde, wie wir sie von vielen Fernsehdokumentationen kennen. Er blickt nicht nur zurück, sondern versteht sich auch als Warnung an unsere Gesellschaft, die latente Gefahr nationalsozialistischen Gedankenguts zu erkennen und sofort im Keim zu ersticken. Im Anschluss findet ein Gespräch mit Günther Wilke, Wedel, Mitglied der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten) statt.
Michail Romm. UDSSR 1965. 123 Min.
30. Mai, 18 Uhr