Kriegsspiele auf der Ostsee

Bundeswehr übt Terroristenjagd

European Challenge 2005 (Europäische Herausforderung) nennt sich das derzeitige Groß-Manöver das die Bundeswehr unter Beteiligung von NATO-Truppen erstmalig vom 18.-28.April in der Ostsee und in Norddeutschland durchgeführt. Es soll Modellcharakter für zukünftige Manöver haben. „Es ist eine Übung, wie sie bislang in Europa noch nicht stattgefunden hat. Das Manöver der Zukunft ist ein Meilenstein im Rahmen der Transformation der Streitkräfte der Bundeswehr, mit der Zielsetzung diese auf die neuen Aufgaben unter veränderten Rahmenbedingungen auszurichten und vorzubereiten.“, heißt es bei der Bundeswehr. Unter dem Kommando des deutschen Heeresführungskommandos findet das Manöver in Zusammenarbeit von Heer, Luftwaffe, Marine und Zentralem Sanitätsdienst statt und sie üben den Einsatz einer „EU-geführten Krisenmanagementoperation“. 17 Nationen nehmen mit ca. 4.000 Soldaten teil, davon 3.500 aus Deutschland.

Das deutsche Militär will damit seinen Führungsanspruch in der EU und in der NATO festigen. Generalleutnant Axel Bürgener, der die Leitung hat, erwartet vom Manöver "wichtige Impulse für die Transformation der Streitkräfte und für die Führung militärischer Operationen durch die EU." Gleichzeitig werden auch erste Ergebnisse der Umstrukturierung der Bundeswehr vorgeführt. Neu in Dienst gestellte teure Anschaffungen („moderne Waffensysteme“) der Bundeswehr wurden erstmalig gemeinsam am 19. April in der Eckernförder Bucht mit dem Kieler Einsatzgruppenversorgers „Frankfurt am Main“ als zentrale Plattform zum Einsatz gebracht:

• Das erste deutsche U-Boot „U 31“ mit sauerstoffunabhängigen Brennstoffzellenantrieb. (Gerade neu in Dienst gestellt, hatte es Grundberührung und musste zur Kontrolle ins Dock). Drei weitere dieser U-Boote sind im Bau bzw. bestellt.

• Die neue Fregatte „Hamburg“ (bereits das zweite Schiff dieser Sorte. Die Fregatte „Sachsen“ und der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ beteiligten sich an „Endurig Freedom“ und leisteten der US-amerikanischen Truppen Unterstützung im Irakkrieg.)

• Der funkelnagelneue „Eurofighter“ mit doppelter Schallgeschwindigkeit aus Rostock-Laage anfliegend.

Über Eckernförde kreisten Eurofighter, Jagdbomber und Seefernaufklärer AWACS. Die Straßen an der Küste waren gesperrt und etliche Marineschiffe gingen in Stellung.

Das Übungszenario sollte ein schneller Angriff mit kleinen aber kampfstarken Einheiten sein, die genauso schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen sind und ihre Aufgaben meist bei Nacht und Nebel erledigen. Es ging angeblich um die Befreiung von deutschen Urlaubern und von Botschaftspersonal, das von einem „plötzlichen Kriegskonflikt“ überrascht wurde.

Von einem U-Boot aus wurden Kampfschwimmer abgesetzt. Fallschirmspringer aus Transall-Transportern und Hubschraubern wurden abgeworfen und die Befreiten wurden mit Speedbooten weggebracht, während gleichzeitig von See aus mit Geschützen Deckung gegeben wurde. Alles im Beisein von Verteidigungsminister Struck der erklärt haben soll, er wolle den Einsatz von Kampfschwimmern und Fallschirmspringern keineswegs als Schritt zu einer Interventionsarmee gelten lassen. Es sei ein Einsatz, wie er unter dem Mandat der Vereinten Nationen auf die Bundeswehr zukommen könne. Um die militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr anzupreisen waren daher auch Einheiten aus anderen EU- und NATO-Staaten eingeladen. Das Manöver wurde unter Anwesenheit des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages dann mit der Jägerbrigade 37 „Freistaat Sachsen“ auf dem Truppenübungsplatz Bergen nördlich von Hannover am 20.April fortgesetzt und später sollen dann am 26.April „simulationsgestütze Übungen“ der Öffentlichkeit auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken/Rhön präsentiert werden.

Gleichzeitig findet ein ähnlich geartetes NATO-Manöver „Loyal Mariner 2005“ unter englisch-deutscher Leitung im Skagerak und Kattegat statt. Es geht um die Sicherung der Seewege, weil angeblich Tanker, Containerschiffe und Kreuzfahrtschiffe zunehmend von Terroristen bedroht seien. Das Abfangen und Ausschalten von Sportbooten, wie die Überwachung der Seewege wird geübt, aber auch Minensuche, Luftabwehr und U-Bootjagd. 85 Schiffe, 30 Flugzeuge und 4.000 Marinesoldaten aus 17 NATO-Staaten sind bis zum 29. April an der Terroristenjagd beteiligt. Die deutsche Marine ist mit der Fregatte „Bayern“, einem Tanker, zehn Minensuchbooten und Jagdbombern beteiligt. Zur Bedeutung des Manövers heißt es in einer Presseerklärung der Deutschen Marine:

„Die Übung „Loyal Mariner“ simuliert ein Krisenszenario: Ein multinationaler Einsatzverband setzt mit militärischen Mitteln eine UNO-Resolution (United Nations Organisation) durch. Die maritime Komponente der neu aufgestellten Schnellen Eingreiftruppe der NATO, die NATO Response Force, bildet dabei den Kern des Großverbandes. Prüfteams der NATO werden während der laufenden Übung die Qualifikation des Führungsstabes der Eingreiftruppe nach einheitlichen Standards bewerten und zertifizieren. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur vollen Einsatzbereitschaft der NATO Response Force, die bis spätestens Oktober 2006 mit einem Umfang von 21.000 Mann angestrebt wird.“

Unterdessen findet im Mittelmeer gleichfalls unter deutsche Beteiligung das Manöver „Destroyer Exercise“ (Desex 2005) statt, an dem die Fregatten „Köln“ und „Sachsen“, der Tanker „Spessart“ und nachfolgend dann der Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ teilnehmen wird.

(uws)

(Quellen: www.marine.de, www.bundeswehr.de,
KN 30.3., 14.4., 20.4., 23.4.)