Veröffentlichung des DGB:

Schwarzbuch Ausbildung

Der DGB hat ein Schwarzbuch Ausbildung vorgestellt. Es werden hier Fälle geschildert, die sich aus der Praxis der Online-Beratung www.doktor-azubi.de ergeben. Den Dr.-Azubi-Beratungsservice gibt es seit Juli 2003. Nach größeren Werbeaktionen u.a. im Musikfernsehen MTV stieg die Resonanz stark an. Seit Beginn der Beratung wurden ca. 2000 Jugendliche beraten und ihre Fälle dokumentiert. Derzeit kommen monatlich etwa 200 Hilferufe an. Die Dokumentation zeigt  er- schreckende  Ausbildungsmissstände. Auszubildende müssen ausbildungsfremde Tätigkeiten erledigen, werden gemobbt, sexuell belästigt. Sie müssen gefährliche Tätigkeiten verrichten, viele Überstunden leisten, ihnen wird der Urlaub gestrichen, Ausbildungsvergütungen werden nicht gezahlt.


Hier einige Beispiele:

Jaqueline, 19 Jahre, im ersten Lehrjahr zur Hotelfachfrau schreibt: "Im November 2004 habe ich die Ausbildung begonnen und bis jetzt noch keinen Ausbildungsvertrag zu Gesicht bekommen. Des Weiteren  wurde meinen Eltern von der IHK erklärt, dass mein Chef keine Lizenz besitzt, um mich in diesem Hotel auszubilden."

Eine Gruppe von fünf Auszubildenden, ebenfalls aus dem Hotelbereich, schreibt: "Wir haben eine Fachkraft in unserem Hotel, die nicht unser Ausbilder ist!!! Unser Ausbilder wohnt ca. 150 km weit weg und besucht das Hotel ungefähr einmal im Jahr. Ist das erlaubt???"

Ein Auszubildender, der anonym bleiben will, schreibt uns: "Ich mache eine Ausbildung zum Fahrzeuglackierer in einer sehr kleinen Firma. Bei 3°C Innentemperatur haben der andere Azubi und ich uns in der letzten Woche die Schuhe und Hände mit einem Heißluftgerät (Föhn) gewärmt. Außerdem werde ich dazu aufgefordert, mit Quarzsand zu entrosten. Dies ist hochgradig krebserregend und lt. Arbeitsschutzgesetz eigentlich verboten!!!!"

"In meiner Lohnabrechnung wurden mir 55 Euro wegen einem Tag Krankheit abgezogen! Moderne Sklaverei??? Sollte eine Woche nicht 40 Stunden haben? Meine hat ca. 70 Stunden und wir bekommen einen Tag die Woche frei, wenn überhaupt!!!"

Besonders betroffen sind Jugendliche im Einzelhandel und in Büroberufen. Aber auch in der Medienbranche sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe treten gehäuft Probleme im Ausbildungsalltag auf. Auch Freiberufler, Ärzte und Rechtsanwälte werden als schwarze Schafe oft genannt. Die hohe Zahl vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge ist sicherlich auch Folge der schlechten Ausbildungsverhältnisse. Bis 2000 stieg die Zahl auf über 156.000, inzwischen liegt sie bei rund 133.000 (Jahr 2003), ca. 22 Prozent. In Branchen mit extrem hohen Belastungen und vielen qualitativen Beanstandungen während der Ausbildung, ist sie oftmals wesentlich höher. So liegt die Abbrecher-Quote im Hotel- und Gaststätten-Gewerbe derzeit bei über 40 Prozent. Im Allgemeinen findet etwa ein Drittel der Abbrecher wieder eine Lehrstelle, andere nehmen aber aus Sorge, keinen Ausbildungsplatz mehr zu finden, viel zu Vieles in Kauf. Trotz des Ausbildungspakts setzt sich die traurige Entwicklung des Ausbildungsstellenmarkts weiter fort. Im April des letzten Ausbildungsjahres gab es noch 379.033 gemeldete betriebliche Ausbildungsplätze. Im April 2005  waren es nur 346.270, also rund 32.700 Stellen weniger. Eine dramatische Entwicklung. Vor diesem Hintergrund ist das öffentliche Interesse mehr auf die Vermittlung von Ausbildungsplätzen gerichtet, wobei die Qualität der Ausbildung in vielen Bereichen offensichtlich keine Rolle spielt. Wie lange will sich dieser Staat noch unqualifizierte Ausbildungsplätze und 500.000 junge Menschen zwischen 20 und 25 Jahren ohne Schul- und Berufsabschluss leisten?

(hg)