Innenminister unter Zugzwang:

Forderung nach Bleiberecht breit getragen

Am 8. Juni fand auf dem Asmus-Bremer-Platz in Kiel eine mehrstündige Aktion statt, mit der auf die vielen Flüchtlingen in Schleswig-Holstein drohenden Abschiebungen aufmerksam gemacht wurde. Während der Kundgebung sprachen Flüchtlinge und VertreterInnen des Flüchtlingsrats, der VVN/BdA, des ver.di-Arbeitskreises Migration und des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus Kiel. Während der Aktion wurden Unterschriften fürs Bleiberecht gesammelt. Wie mit diesen Unterschriften verfahren werden soll, darüber informiert der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein in einer Presseerklärung. (D.L.)
 

Drei Tage vor der Stuttgarter Innenministerkonferenz werden am Internationalen Tag des Flüchtlings, Montag, den 20. Juni, 6.000 Unterschriften an einer 150 Meter langen Wäscheleine dem schleswig-holsteinischen Innenministerium überreicht

In Neumünster, Rendsburg und Kiel hatte es in den letzten zwei Wochen Mahnwachen und Aktionstage für ein Bleiberecht von drei unmittelbar von Abschiebung bedrohten Familien gegeben. Die kongolesische Familie Landu in Rendsburg, das Ehepaar Kocan aus dem Kosovo in Neumünster und die kurdische Familie Görotas aus Kiel stehen beispielhaft für die etwa 2.000 Personen, die seit über sechs Jahren geduldet in Schleswig-Holstein leben. Die Duldung verbietet regelmäßig das Verlassen des Kreisgebiets und die Arbeitsplatzsuche ist nur eingeschränkt möglich. Die Kinder sind hier aufgewachsen, gehen zur Schule und sind in Sportvereinen und Jugendgruppen integriert. Sie müssen dennoch ständig mit der erzwungenen "Rückkehr" in ein ihnen unbekanntes Land rechnen.
 
 
 

Bei den Aktionen wurden insgesamt 6.000 Unterschriften für ein Bleiberecht für die betroffenen Familien und für eine generelle Bleiberechtsregelung gesammelt. Der Ruf nach einer Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge wird auch bundesweit immer nachdrücklicher: Nach dem Aufruf 50 prominenter Personen - wie Karl-Otto Meyer, Christian Schwarz-Schilling und Günther Grass - im Herbst 2003 gibt es jetzt einen weiteren Appell von 300 Berliner Kulturschaffenden an die Stuttgarter Innenministerkonferenz. Darunter Christa Wolf, Corinna Harfouch, Doris Dörrie und Hannes Wader. Der Neumünsteraner Aufruf für ein Bleiberecht Familie Kocans wurde unter anderem von 80 Europarlamentariern unterschrieben.
 
 

Der gesellschaftliche Druck hat inzwischen dazu geführt, dass der Berliner Innensenator Körting das Thema auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz gesetzt hat. Eine großzügige unbürokratische Bleiberechtsregelung für die bundesweit etwa 200.000 langjährig geduldeten Flüchtlinge ist notwendig, um den jahrelang andauernden Zustand der Ausgrenzung zu beenden und ihnen eine Zukunftsperspektive und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Deutschland zu ermöglichen. Der Berliner Vorschlag ist allerdings unzureichend: Demnach sollen Erwachsene frühestens nach über neun Jahren und Familien nach sechs Jahren in den Genuss eines Bleiberechts kommen.