Kommentar:

WASG-Dynamik

Das Linksbündnis scheint in Sack und Tüten,  PDS und Wahlalternative (WASG) wollen zusammen zur Bundestagswahl antreten (der hiesige  WASG-  Landes- verband protestiert allerdings heftig), die PDS hat durchgesetzt, dass dies auf ihren offenen Listen geschieht, und Gregor Gysi sowie Oskar Lafontaine treten als Spitzenkandidaten an. Der Einzug in den Bundestag scheint gesichert, und bei der Besetzung sowie dem Medienecho könnte die Formation leicht über zehn Prozent kommen.

Damit scheinen die Träume vieler Linker am Ziel. Besonders in Westdeutschland hatte es zahlreiche Aufrufe von Gewerkschaftslinken, unabhängigen Sozialisten und auch linken Künstlern gegeben, die die Allianz forderten. Sollte das daran gelegen haben, dass man bisher wenig praktische Erfahrung mit der realexistierenden PDS hat machen können? In Berlin jedenfalls, wo die Demokratischen Sozialisten im Westteil fast ebensowenig präsent sind wie in Kiel, wo man mit ihnen aber inzwischen als Regierungs-Sparschweine ausreichende Bekanntschaft gemacht hat, war von Linksbündnis-Euphorie wenig zu spüren. Auch bei der PDS übrigens nicht. Die dortige lokale Prominenz ließ keine Gelegenheit aus, die WASGler - nicht wenige davon waren aus der PDS wegen der "rot-roten" Sparpolitik ausgetreten - zu provozieren. Den Vogel schoss die Kommunistische Plattform in der PDS ab. Statt sich mit der WASG gegen den neoliberalen Flügel der Regierungs-PDS zu verbünden, war aus dieser Ecke nur ängstliche Geflenne zu hören, ihre schöne Partei solle durch das Bündnis kaputtgemacht werden.

Insofern hat das Bündnis – obwohl es für manche schlechte Überraschung gut sein wird – auch seine positiven Seiten: Es klärt die Fronten innerhalb der PDS, es wird sicherlich zu erheblichen potenziell produktiven Reibereien zwischen PDS und WASG führen. Und es entfaltet eine erhebliche Dynamik: Die WASG hat in den letzten drei Wochen rund 1.000 neue Mitglieder aufgenommen. Außerdem bedeutet das Linksbündnis vermutlich das Ende des faktischen Zwei-Parteien-Systems der BRD, und kann damit vielleicht Manches in der Gesellschaft ins Rollen bringen. Wenn der Teil der Linken, der sich jetzt auf diese Projekt stürzen wird, nicht alle Energie auf die bereits einsetzenden Fraktions- und Grabenkämpfe verschwendet, sondern die WASG-Dynamik nutzt, um außerparlamentarischen Druck  aufzu- bauen, dann könnte aus all dem vielleicht trotz der beiden unerträglichen bonapartistischen Populisten an der Spitze etwas Interessantes werden.

(wop)