Segeberger Ausländerbehörde bleibt sich treu:

Aus dem Krankenhaus entführt

In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni holte ein Greiftrupp der Segeberger Ausländerbehörde den nach Folter in türkischer Haft schwer traumatisierten Kurden Murat Savas aus dem Bett in der Ricklinger Psychiatrie, wo er sich zur Therapie in stationärer Behandlung befunden hatte. Der schwer kranke Mann wurde am Mittag des 28. Juni von seiner Familie getrennt und allein in die Türkei abgeschoben.

Die Abteilung für Aufenthaltsbeendende Maßnahmen der Segeberger Kreisverwaltung war im Fall der Norderstedter Familie Özdemir schon Ende Mai durch ihre restriktive, gegen kranke ausreisepflichtige Menschen gezielte Vollstreckungspraxis aufgefallen. (Siehe Interview mit Martin Link in dieser Ausgabe.)

Murat Savas lebte schon seit 1990 in Deutschland, seine Ehefrau Nurten folgte vor ca. 6 Jahren, seine Kinder Nurullah und Rojhat sind hier geboren. Savas' Asylgesuche waren abgelehnt worden. Die später offenbar gewordene und fachärztlich attestierte schwere posttraumatische Belastungsstörung hatte weder asylentscheidende Behörden und Gerichte noch die Härtefallkommission überzeugen und schon gar nicht die zuständige Ausländerbehörde erweichen können, ihren rechtlichen Spielraum für die Aufenthaltsverlängerung aus humanitären Gründen zu nutzen. Einmal mehr blieb auch in diesem Fall der relevante Erlass des Kieler Innenministeriums unbeachtet.

Savas befand sich vier Jahre in Vollbeschäftigung bei einer Verpackungsfirma in Lentförden. Die Weiterbeschäftigung scheiterte im Juni 2004 nach Aussage der Rendsburger Diakonie, weil die Ausländerbehörde den Entzug der Arbeitserlaubnis erwirkte und die Familie in Folge dessen wieder in Abhängigkeit von der öffentlichen Hand geriet.

Ein Versuch der Ausländerbehörde Murat Savas schon am 20. Juni in Abschiebungshaft zu nehmen, scheiterte, weil Haftrichter und beigezogener Amtsarzt den offensichtlich schwer kranken Mann als haftunfähig beurteilten. Danach begab sich Savas ins Ricklinger Krankenhaus.

Erst am 8. Juni hatte die unabhängige Kommission "Abschiebung kranker Flüchtlinge und ethische Verantwortung" der Diakonie in Hessen-Nassau "die teilweise menschenrechtswidrige Praxis beim Verwaltungsumgang mit traumatisierten Flüchtlingen" beklagt (FR 9.6.2004). Mit Hinweis auf einen ähnlichen Fall, bei dem im Februar 2004 eine kranke Patientin aus einem hessischen Krankenhaus abgeschoben worden war, erklärte das Kommissionsmitglied Gerhard Böckel, ehemaliger hessischer Innenminister: "Wo es zu Konflikten kommt und befürchtet werden muss, dass staatliche Stellen ihrer Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde nicht nachkommen, ist ziviler Ungehorsam als ultima ratio legitim!"

(Pressemitteilung des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein)