Bericht von der "Feldbefreiung" in Brandenburg:

Gentechnik sichert die Machtsymbiose von Politik und Konzernen

Schon mal Mais geklaut? Naja, das hat ja jeder mal gemacht. Man sollte es in Zukunft aber lassen, denn man weiß nicht, ob der Mais gentechnisch verändert ist. Viel schlimmer aber, es ist nicht mehr nur Mundraub, sondern eine ernste Bedrohung unseres Rechtsstaates.Zum 30. und 31. Juli hatte die Kampagne  "Gendreck- weg" zu einer freiwilligen Feldbefreiung in Strausberg, Brandenburg, aufgerufen (www.gendreck-weg.de). Nicht heimlich wollten die Leute Gentechnikmais ausrupfen, sondern ganz öffentlich, um auf die Gefährdung durch diese “moderne, innovative” Technologie aufmerksam zu machen. Die ca. 300 angereisten
 

TeilnehmerInnen wurden schon in ihrem Camp von der Polizei umfassend überwacht, fotografiert und gefilmt. Nach der Kundgebung am Sonntagmittag setzte sich ein freudiger, friedlicher Zug mit Sambagruppe und Mengen an Luftballons in Bewegung, auch Kinder waren dabei. Diesem Zug stand einem Aufgebot mehrerer Hundertschaften gegenüber, castorerprobte Leute wussten dies zu würdigen. Zunächst war eine Absperrung des Maisfeldes im Umkreis von 250 m angekündigt und seit Samstag abend auch durchgesetzt. Das Camp war ca. 3 km vom Feld entfernt, der Demozug kam aber nur ca. 200 m und wurde dann ausgebremst. Nach Verhandlungen mit der Polizei ging´s weiter in den Nachbarort, zwei Kilometer vom Feld entfernt, das sollte der endgültige Bannkreis sein, aber damit waren die DemonstrantInnen nicht einverstanden. Nach einer Zwischenkundgebung fand über Feldwege und Felder eine Katz- und Maus-Jagd statt.
 
 

Einige Demonstranten erreichten ihr Ziel und ernteten einige Maispflanzen ab, ca. 78 Leute wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen.Als Teilnehmerin vor Ort stellt sich mir die Frage, wie dies unverhältnismäßige Polizei- aufgebot gerechtfertigt ist. Welchen Schaden hätten die ca. 300 DemonstrantInnen, von denen die meisten nur symbolisch eine Pflanze ernten wollten, anrichten können? Durch die Hetzjagd mit Reiterstaffel, Polizeihunden und Hubschrauber über die umliegenden Felder wurde der Schaden bewusst ausgedehnt.Was hatte die Polizei denn eigentlich zu schützen? 10 ha gentechnisch veränderten Mais innerhalb eines 50 ha Maisfeldes, das sowieso in wenigen Wochen abgeerntet worden wäre. Die Initiative hatte im Vorfeld angekündigt den Schaden komplett zu ersetzen. Also kein wirklicher Schaden am Eigentum. War unser Rechtsstaat, unsere Demokratie bedroht? Ja, denn laut Geschäftsführer Herrn Piprek der anbauenden Landfarm Hohenstein GmbH, haben sie eine Genehmigung zum Anbau des Mais Mon 810, der Fa. Monsanto. Diesen gelte es zu schützen. Er wurde geschützt, als ob es um Leib und Leben eines wichtigen Politikers ginge.

Im übertragenen Sinne mag auch etwas daran sein. Wenn herrschende Politiker die Profit versprechenden Errungenschaften der großen Konzerne nicht schützen, dann wird hinter den Kulissen gegen sie selbst gearbeitet werden. Es wurde ein Exempel statuiert, um mögliche weitere Aktionen gegen Gentechnik zu unterbinden.

Aber warum eigentlich diese "Feldbefreiung"? In Polen, Österreich, Ungarn und der Slowakei ist der Mon 810 Mais verboten, in Deutschland besitzt er nur eine Vorvertriebsgenehmigung. Es gibt ernsthafte Bedenken gegen den Mais, der ein Eiweiß produziert, das für ein Schadinsekt des Mais tödlich ist. Ungeklärt ist die Wirkung auf andere Insekten, Bodenlebewesen, die als Verwerter gedachten Milchkühe und letztlich uns Menschen. Greenpeace klagte kürzlich die Studie zur Zulassung eines Monsanto Mais ein, welcher das gleiche Gift produziert. Die Studie zeigte Veränderungen im  Magen-Darm- Trakt der Versuchsratten.Die Initiatoren der Gendreck-weg-Kampagne sind Imker. Sie wiesen bei der Diskussion am Samstag ausdrücklich darauf hin, dass Bienen zwar keinen Nektar im Mais sammeln, sehr wohl aber Pollen, um ihre Brut damit zu füttern. Was wird das giftige Eiweiß bei den Bienen anrichten? Dazu gibt es keine veröffentlichten Daten. Es ist aber belegt, dass der Nachweis von Gentechnik im Honig für den Imker eine Existenzgefährdung bedeutet. Kanadische Imker können ihren Rapshonig in Deutschland nur schwer absetzen, weil in Kanada großräumig Genraps angebaut wird. An den Bienenvölkern hängt aber nicht nur die Existenz der Imker, sondern auch weltweit die Befruchtung der Obstplantagen und damit deren Erträge.Ich bin der Meinung, wenn in unserer "Demokratie" die gewählten Vertreter, durch Lobbyarbeit der Konzerne, nicht mehr in der Lage sind die Interessen der breiten Bevölkerung wahrzunehmen und zu vertreten, dann sind wir Bürger gefordert auf solche Mißstände aufmerksam zu machen.Die Themen Gentechnik und Agrarpolitik sind sehr komplex und niemand beschäftigt sich aus reiner Freude damit. Wer sich jedoch, aus welchem Anlass auch immer, etwas tiefer in die Materie eingearbeitet hat, der bemerkt wie existenziell die Beherrschung des Nahrungsmittel- marktes ist. Bush sagte, er möchte, dass die USA die Welt ernähren.
 
 

Dies dürfen wir getrost als Drohung verstehen. Die Bedrohung wird konkret durch die personelle Verflechtung der Fa. Monsanto mit den zuständigen Ministerien der USA. Monsanto war ein großer Geldgeber für die Wahlkämpfe der Bush-Regierung. Monsanto hat gerade in über 160 Ländern der Welt ein Patent auf eine Zuchttechnik von Schweinen beantragt. Patente auf Pflanzen und Tiere, bzw. in der Lebensmittelerzeugung gefährden ganz entscheidend die Ernährungssicherheit der Menschen. Unsere Ernährung wird so einem reinen Profit und Machtstreben untergeordnet.In Deutschland ist die BAYER CropScience GmbH das, was Monsanto in den USA ist. Beide waren in vergangenen Kriegen Lieferanten von Kampfstoffen. Sollen wir diesen Konzernen unsere Ernährung anvertrauen? Im Interesse der "Deutschland-AG" ist es, Gentechnik zu fördern bzw. zu schützen. Im Interesse der Bevölkerung, der Ernährungssicherheit und des Friedens ist dies nicht. Darauf wollten die "FeldbefreierInnen" aufmerksam machen. Auf Argumente reagieren unsere Politiker leider nur, wenn diese von der großen Wirtschaft vorgebracht werden.

(Wiebke Freudenberg, Mikrobiologin)