Kommentar:

Schmach und Schande der deutschen Justiz

Der Bundesgerichtshof hat mit einem bemerkenswerten Urteil seinen eigenen Beitrag zum Gedenken an den 60. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus geleistet. Eine der Lieblingsparolen der deutschen Nazis, „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“, wurde trotz ihres unverkennbar die brutalsten Verbrechen des Hitlerfaschismus verherrlichenden Inhalts für nicht strafbar erklärt. Mit noch größerem Nachdruck werden daher in Zukunft all diejenigen verfolgt werden, die Umzügen der Nazis unter Parolen wie dieser entgegentreten.

Die Bundesrichter begünstigen zukünftige Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie stellen eine Werbung für „nationalsozialistische“ Politik unter den einzigen Vorbehalt, dass sie mit der Propaganda der NSDAP bis 1945 nicht wörtlich identisch sein dürfe.

Noch ist der Ungeist, der aus diesem Urteil spricht, nicht Allgemeingut im deutschen Justizwesen. Ein Anfang aber ist gemacht. Die BGH-Richter treten den Wesensgehalt internationaler Abkommen mit Füßen. Sie sind auch Verfassungsfeinde (solange die Grundrechtsbeschneider in Berlin noch irgendeinen Rest dieser Rechte im Grundgesetz belassen).

Ein klares politisches Signal gegen diese Unrechts-Sprechung blieb aus. „Das Bundesjustizministerium und das Bundesinnenministerium wollten das Urteil zunächst nicht kommentieren“, vermeldete die Presse am Tag nach dem Richterspruch.

Aber VertreterInnen der Regierungsparteien gaben schon Erklärungen ab. Zum Beispiel der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz: „Mir gefällt das nicht, aber juristisch wird man das respektieren müssen“. Oder Silke Stokar, laut „Frankfurter Rundschau“ die „Innenexpertin“ der Bündnisgrünen: „Ich halte den schwer zu vermittelnden Urteilsspruch dennoch für richtig“; hier sei nicht die Würde einer Opfergruppe verletzt, und es gehe um einen „Gesinnungsbereich“, der „nicht regelbar“ sei. – Widerlich.

Man mag daraus schließen, was von der sich abzeichnenden großen Koalition im Bund noch alles zu erwarten ist. Schily und Beckstein sind schon dabei, die Trennung von Geheimdiensten und Polizei in Frage zu stellen, eine „Sicherheitsverwahrung“ vorzubereiten und anderes mehr – Maßnahmen, die alle Beteuerungen zum 8. Mai dieses Jahres („Wir wollen in Deutschland nie wieder Unfreiheit, Intoleranz, Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus zulassen“) als zynische
Heuchelei entlarven.

Nicht vergessen: Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

(Dietrich Lohse)