Kommentar:

Fragen an einen Bundestagskandidaten

Was machen eigentlich deutsche Soldaten in Afghanistan? Seit Ende 2001 beteiligen sich deutsche Einheiten nicht nur an der unterm UNO-Schirm betriebenen ISFA-Mission in Kabul. Auch die noch viel zu wenig bekannte Eliteeinheit „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) hat Soldaten vorort. Zwischenzeitlich wurden sie im Oktober 2003 abgezogen, inzwischen sind sie wieder im Einsatz, wie Ende Mai Spiegel-online berichtete. Im Südosten des Landes nehme sie an den Operationen der US-Armee gegen die Reste des Taliban-Regimes teil, oder gegen wen auch immer die USA dort Krieg führen. Gelegentlich hört man, daß bei der Jagd nach Aufständischen oder Terroristen auch schon mal ganze Hochzeitsgesellschaften „versehentlich“ ausgelöscht werden. Welche Rolle dabei deutsche Soldaten spielen, ist nicht zu erfahren. Auch nicht von „unseren Volksvertretern“ wie dem Kieler SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels, der doch im Verteidigungsausschuss sitzt.

Zur erstaunlich geringen Beachtung, die der Kampfeinsatz deutscher Bodentruppen in Afghanistan in der hiesigen Öffentlichkeit erfährt, trägt offenbar eine partielle Selbstzensur der großen Medien bei. Immerhin sprach der erwähnte Spiegel-online-Bericht vom bisher größten KSK-Einsatz und davon, dass die KSKler erstmalig ein eigenes Operationsgebiet bekommen habe und somit nicht mehr dem US-Kommando unterstehen. Grund genug eigentlich für einen öffentlichen Aufschrei, oder zumindest eine breite öffentliche Debatte. Doch für die meisten Medien ist die KSK kein Thema. Auch die Tatsache, dass kürzlich eine US-Militärermittlerin degradiert wurde, weil sie 2002 einen afghanischen Gefangenen den Kopf gegen die Wand schlug und dieser später starb, nach dem ihn Kollegen der Soldatin weiter misshandelt hatten, ist hiesigen Zeitungen bestenfalls eine kleine Notiz wert.

Dabei drängen sich doch die Fragen – auch an den Abgeordneten Bartels, der gerne wiedergewählt werden möchte – geradezu auf: Wen bringen die KSKler um? Was geschieht mit ihren Gefangenen? Werden sie an die US-Folterer übergeben? Was darf man von der bisher gehörten Antwort halten, dass keine Gefangenen gemacht wurden? Wie rechtfertigen Sie, Herr Bartels, die gemeinsame Kriegsführung mit einem Staat, der sich erklärtermaßen nicht an die internationalen Konventionen zum Schutz von Kriegsgefangenen hält, sondern diese foltert und gelegentlich ermordet?

(wop)