Diskussion:

Linksquotierte „Linkspartei. Schleswig-Holstein“?

Wie berichtet hat sich die PDS am 31.7.05 in Linkspartei.SH umbenannt. Nicht zum ersten Mal gibt es einen neuen Namen. Zunächst gab es die PDS / Linke Liste. Sie sollte eine Partei darstellen, die sich aus verschiedenen linken Kräften zusammensetzt und dementsprechend auch eine Basis bilden könnte für das gemeinsame Handeln sowohl außerparlamentarisch, als auch möglicherweise in den Parlamenten. Wie bekannt wurde sich davon relativ schnell verabschiedet, es gibt zwar noch innerhalb der PDS verschiedene Arbeitsgruppen und Plattformen, aber zum Beispiel Mitgliedschaften auch in anderen Parteien waren nicht erwünscht. Das hinderte erfreulicherweise nicht daran, von Zeit zu Zeit und örtlich unterschiedlich ausgeprägt, zu bestimmten Wahlen gemeinsame Listen mit anderen einzugehen. Wobei bemerkt werden muss, dass die PDS es dann aber doch schon immer ganz gerne sah, wenn andere Persönlichkeiten auf den Listen der PDS kandidierten, und nicht so gern zum Beispiel PDSlerInnen auf WählerInnenlisten, die sich nicht mit den drei Buchstaben schmücken mochten. In Schleswig-Holstein war die gemeinsame Listenkandidatur ohnehin nicht sehr ausgeprägt, es gab immer sehr große Vorbehalte gegen KandidatInnen, die evtl. aus einem linkeren (kommunistischen?) Spektrum/Partei kamen. Nun soll also die Linkspartei.SH diese Gemeinsamkeiten herstellen und entwickeln.

Wie hält es diese neue Partei nun damit, ihre Wahllisten zu öffnen, um zur Bundestagswahl 2005 verschiedenen linken Menschen aus unserem Land eine Kandidatur zu ermöglichen? Wie stark sind die Bestrebungen, verschiedenen Kräfte aus der außerparlamentarischen Bewegung, sprich Sozialabbaubündnisse, Antifa-Bewegung oder Antikriegs- und Friedens-Initiativen und Mitglieder anderer, wohlgemerkt linker, Partei die Möglichkeit zur Kandidatur zu geben? Einige Erwartungen waren da, linke Politik gemeinsam umsetzen zu wollen, das sich endlich Linke Kräfte zusammentun (können), um den Druck auf die politischen und wirtschaftlichen Machthaber zu erhöhen und unsere Forderungen deutlich zu machen.

Die Ernüchterung kam allerdings schnell: bereits auf der Landeswahlversammlung wurde gegen den Protest und die Stimmen vieler Linksparteimitglieder, als erste Aktion die Quotierung aufgehoben. Der Antrag der Landesvorsitzenden Edda Lechner wurde in der ausgiebig um diese Frage geführten Diskussion sinngemäß mit den Worten beantwortet: “Nun haben wir als PDS jahrelang die Quotierung eingehalten, in einer Zeit da es im Grunde nur darum ging Posten zu verteilen, die arbeitsintensiv waren und wenig öffentliche Anerkennung fanden. Kaum nennen wir uns Linkspartei, kaum gibt es die Möglichkeit als Abgeordnete ins Parlament zu ziehen, schon scharren die Männer mit ihrer Eitelkeit, ihrem Drang nach Profilierung und Macht wieder mit den Füßen in den Startlöchern und wollen den Ruhm für sich beanspruchen.“ Die Quotierung wurde per Beschluss aufgehoben. Und auch die Tatsache, das auf den 2. Platz der Landesliste eine Frau gewählt wurde, macht diesen Vorgang nicht ungeschehen. Er stellt ein politisches Signal dar, das sich anscheinend auch unter sich links nennenden Kräften wieder vermehrt durchsetzt. Auf der Landesliste der Linkspartei finden sich von elf Kanditaten/innen nur vier Frauen, bei den Direktkandidaturen für diese Partei sieht es noch düsterer aus: in neun von elf Wahlbezirken wird kandidiert, und überall wurden Männer aufgestellt. Sicher kann den Kreisen nicht vorgeschrieben werden, wer kandidieren soll. Aber in einer Partei, in der Gleichberechtigung der Frauen nicht nur ein Beschluss ist, sollte diese Frage eine Rolle in der täglichen politischen Auseinandersetzung spielen und bei der Aufstellung für Kandidaturen selbstverständlich berücksichtigt werden.

Ein Grund für die Aufhebung der Quotierung war die angebliche Chancengleichheit für Menschen aus anderen Parteien (z.B. WASG, DKP). Die Linkspartei wollte nicht vorschreiben, ob Frauen oder Männer dieser Parteien aufgestellt werden. Ein fadenscheiniger Grund. Denn bei beiden genannten Parteien, als auch in den Bündnisbewegungen in Schleswig-Holstein, finden sich ohne Zweifel Frauen, die durch ihre politischen Aussagen und dem praktischen Wirken auch den Rückhalt ihrer Organisationen haben. Zudem wurde die Haltbarkeit dieses Grunds sofort wieder selbst infrage gestellt, indem immer wieder darauf verwiesen wurde, dass nach einem Beschluss der PDS höchstens 25% Nichtmitglieder auf den Listen der PDS vertreten sein dürfen. Mit anderen Worten: ganz schlechte Karten hat man für eine Kandidatur der Linkspartei, wenn man Frau und auch noch „Nichtmitglied“ dieser Partei ist. Geht es also „nur“ darum, auch in dieser Partei zu vollziehen, was bereits die SPD, aber auch die Grünen mit ihrem einzigen Spitzenkandidaten Joseph Fischer bereits getan haben. Von der CDU und der FDP ganz zu schweigen. Hält mit dem Abgesang auf die Quotierung in der Linkspartei der Versuch Einzug, die Frauen zurück an Heim und Herd zu schicken? Oder sind die Frauen, die sich anschicken Politik in der Linkspartei zu machen, einigen Exponierten nur „allzu linke Kräfte“, die noch dazu auch in der Öffentlichkeit bekannt sind (siehe den Bericht über die Linkspartei in unserer letzten Ausgabe)?

Doch bei aller Kritik drängt sich die natürlich Frage nach Alternativen auf. Bei der Wahl am 18.9. gibt es mit der Linkspartei die Möglichkeit, Menschen ins Parlament zu wählen, die sich tagtäglich gegen den Sozialabbau, Agenda 2010 und Hartz IV zur Wehr setzen, die gegen alte und neue Nazis aktiv sind, die gegen die Kriegspolitik aktiv sind, die aktive Gewerkschafter und Betriebsräte sind. Denn auch die finden sich auf den Listen dieser Partei. Ob nun mit oder ohne  Linkspartei- buch in der Tasche. Das bedeutet, wir können und müssen den Druck von der Straße auf die Linkspartei und ihre hoffentlich in den Bundestag einziehenden KandidatInnen weitergeben, um unsere Forderungen zu Gehör zu bringen. Die Frage, wie sich diese Partei dann im Parlament verhält, das Verhältnis zu anderen linken Kräften und wie es sich zukünftig entwickelt, hängt sicher auch von unseren weiteren Aktivitäten in der außerparlamentarischen Bewegung ab. Um es freundlich auszudrücken: begleiten wir die Politik der Linkspartei kritisch, aber solidarisch.

(ank)